Bei der 50. Jahrestagung des Weltwirtschaftsforums (WEF) in Davos diskutieren ab heute Dienstag 3000 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft über Lösungen für globale Probleme. Im Fokus steht vor allem auch der Klimawandel – doch was ist neben Podiumsdiskussionen und Absichtserklärungen zu erwarten? Antworten von Klaus Ammann.
SRF News: Was haben die Projekte gebracht, die das WEF in den vergangenen 50 Jahren angestossen hat?
Klaus Ammann: Es ist schwierig bis unmöglich, hier Bilanz zu ziehen. Denn es gibt keine unabhängige Stelle, die das macht – auch nicht das WEF selbst. Umweltorganisationen wie der WWF oder Greenpeace üben zwar Kritik, sind aber zurückhaltend. Sie sind auch selbst am WEF, weil sie überzeugt sind, dass ihnen die Teilnahme etwas bringt.
Public Eye, die frühere Erklärung von Bern, die jahrelang das WEF kritisch begleitet hat, nimmt zwar kein Blatt vor den Mund. Man hält gar nichts von den Umweltinitiativen des WEF. Aber es ist auch keine differenzierte Bilanz möglich. Kurz: Immer wieder gibt es sehr gut tönende Initiativen für Klima- und Umweltschutz am WEF. Was diese genau gebracht haben, weiss aber niemand so genau.
Beim WEF kommen einflussreiche Menschen aus Wirtschaft, Politik und aus der Zivilgesellschaft zusammen; das WEF hat das eigene Manifest zum 50. Geburtstag angepasst und den Klimaschutz miteinbezogen. Als wie wichtig erachten Sie das für den Kampf gegen den Klimawandel?
Das Problem an dem Manifest ist, dass es alles andere als verbindlich ist. Darin steht lediglich, dass man die Akteure ermutige, etwas gegen den Klimawandel zu unternehmen. Angesprochen auf solche Kritik sagt WEF-Gründer Klaus Schwab, er habe dem «Club of Rome» bereits in den 1970er-Jahren eine Plattform gegeben, die Warnungen vor den Grenzen des Wachstums zu verbreiten.
Tatsächlich kommen renommierte Forscher, aber auch Politiker wie beispielsweise der ehemalige amerikanische Vizepräsident Al Gore, immer wieder ans WEF, um mit den Teilnehmern über die Folgen des Klimawandels zu sprechen und sie zu warnen.
Ich bezweifle, dass das WEF je zu einem echten Treiber in Sachen Klimaschutz wird.
Auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg scheint der Auffassung zu sein, dass das etwas bringt. Die Klimaschützer, die nun nach Davos wandern, wollen das WEF nicht mehr zwingend abschaffen, sondern verändern. Mit dem Ziel, dass sich wirklich etwas bewegt. Das unterscheidet sie von ihren Vorgängern in den vergangenen Jahren.
Wie müsste sich das WEF verändern, wenn es nachweislich zum Klimaschutz beitragen möchte?
Es müsste verbindlich werden. Diejenigen, die die Bühne nutzen, um Geschäfte abzuschliessen, könnte man dazu verpflichten, dass sie sich an gewisse Standards halten müssen. Oder es müssten klare Klimaziele definiert werden, auf die sich die Teilnehmer verpflichten. Das wäre aber ein radikaler Bruch mit der Geschichte des WEF. Bislang ist es ja gerade auf die Unverbindlichkeit ausgerichtet.
Man lädt zwar Al Gore oder auch Greta Thunberg ein. Gleichzeitig sind aber auch US-Präsident Donald Trump oder sein brasilianischer Amtskollege Jair Bolsonaro herzlich willkommen in Davos – also Leute, die sich ganz offen einen Deut um den Klimawandel scheren. Diese Offenheit, die eben auch Unverbindlichkeit miteinschliesst, ist aus Sicht des Gründers das Erfolgsrezept des WEF. Weil er darauf kaum verzichten wird, bezweifle ich, dass das WEF je zu einem echten Treiber wird in Sachen Klimaschutz.
Das Gespräch führte Simone Hulliger.