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In Frankreich wird der Briefträger zum Sozialarbeiter
Aus Espresso vom 29.11.2017. Bild: LaPosteFr
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Die Post geht neue Wege In Frankreich wird der Briefträger zum Sozialarbeiter

  • Auch in Frankreich geht der Briefpost langsam die Arbeit aus. Die französische Post hat sich deshalb neue Aufgaben gesucht und bietet seit diesem Jahr weitere Dienstleistungen an.
  • Zum Beispiel betreuen die Briefträger nach einer kurzen Ausbildung alleinstehende Personen oder verteilen frisches Brot.
  • Auch in der Schweiz probiert die Post neue Aufgaben für ihre Briefträger aus, um einen Personalabbau zu verhindern. Die Angestellten freuts.

Genau wie in der Schweiz hat auch die französische Post mit dem Rückgang der Briefpost zu kämpfen: In den letzten vier Jahren ging sie um 20 Prozent zurück, und in den nächsten fünf Jahren wird ein weiterer Rückgang um die Hälfte erwartet.

Doch die Post in Frankreich schläft nicht. Sie erweitert ihr Serviceangebot um neue Dienstleistungen. Eine davon: Der Besuch bei älteren, alleinstehenden Menschen. SRF-Korrespondent Charles Liebherr begleitete für «Espresso» eine junge Briefträgerin in Paris und besuchte mit ihr eine Kundin. Briefe hat die Pöstlerin keine für sie, dafür Zeit.

20 Minuten pro Besuch – 20 Euro im Monat

Einmal pro Woche trinkt die Briefträgerin eine Tasse Kaffee mit der älteren Dame und stellt ihr jedes Mal diverse Fragen, die sie von einem vorgedruckten Fragebogen abliest. Ist im Haushalt alles in Ordnung? Tropft ein Wasserhahn? Ist ein Arzttermin geplant? Falls etwas zu erledigen ist, notiert die Briefträgerin das und leitet das Protokoll an eine Mitarbeiterin in der Postzentrale weiter, die dann die nötigen Massnahmen in die Wege leitet.

Wenn Angehörige es wünschen, werden sie nach jedem Besuch über das Wichtigste informiert. Zum Angebot gehört auch eine 24-Stunden-Hotline inklusive Notfallknopf, mit dem sofort Hilfe gerufen werden kann.

Dafür bezahlt die Kundin zwanzig Euro pro Monat. Der Besuch findet immer am gleichen Wochentag statt und dauert etwa 20 Minuten. Wenn es viele Briefe zu verteilen gibt, dürfen die Besuche auch etwas kürzer ausfallen.

Der Briefträger verteilt auch frisches Brot

Die Briefträgerin wurde dazu innerhalb eines halben Tages ausgebildet und erhielt ein Diplom. So ist sie jetzt Briefträgerin und ein bisschen auch Sozialarbeiterin.

Das Servicepaket der französischen Post kann massgeschneidert bestellt werden. Bis zu sechs Mal pro Woche kann der Briefträger einen Besuch abstatten.

Am häufigsten würden sich Kinder und Enkel von betagten Menschen für diesen Service interessieren. Weil sie selbst keine Zeit haben oder zu weit weg wohnen.

Die französische Post bietet aber seit diesem Jahr noch weitere Dienstleistungen an. Es gibt Briefträger, die theoretische Fahrprüfungen abnehmen oder in abgelegenen Regionen frisches Brot verteilen. Immer mehr Pöstler liefern auch Medikamente aus.

Der Pöstler geniesst grosses Vertrauen

Dies sei vor allem möglich, weil die Briefträger in der Bevölkerung nach wie vor grosses Vertrauen geniessen, erklärt die zuständige Mitarbeiterin der französischen Post. Und genau das ist deren neue Strategie: Die Verbindung der traditionellen Qualitäten des Briefträgers mit neuen Dienstleistungen.

Zwar gibt es noch keine konkreten Zahlen, da der Service erst im Aufbau ist. Aber es scheint, die französische Post hat hier eine Marktlücke entdeckt. Allerdings nicht dort, wo sie sie vermutet hat. Denn der neue Service wird vor allem in den Städten genutzt und nicht in abgelegenen Dörfern auf dem Land.

Neue Dienstleistungen auch in der Schweiz

Auch in der Schweiz versucht die Post, die schwindende Briefmenge zu kompensieren. Die Voraussetzungen dafür seien sehr gut, sagt Post-Sprecherin Lea Wertheimer. Schliesslich kämen die Pöstlerinnen und Pöstler das ganze Jahr über und sechs Mal wöchentlich bei über vier Millionen Haushaltungen vorbei.

Diesen Trumpf möchte die Post ausspielen, indem sie verschiedene logistische Zusatzdienstleistungen ausprobiert: «Wir sammeln Altpapier in Graubünden, lesen Stromzähler ab für Firmen, holen nicht mehr benötigte Haushaltsgeräte ab für die Brockenstube im Zürcher Oberland oder sammeln nicht mehr benötigte Lebensmittel für die Aktion Tischlein Deck Dich in Solothurn.»

Auch eine niederschwellige Betreuung von älteren Kunden, ähnlich dem Projekt in Frankreich, wurde vor einigen Jahren in der Schweiz geprüft. Die Nachfrage sei damals aber so gering gewesen, dass man damit nicht weitermachte.

Bei den Pöstlerinnen und Pöstlern kommen die neuen Geschäftsfelder bisher gut an, sagt die Post-Sprecherin. Und René Fürst vom Personalverband Transfair bestätigt es. Die Gewerkschaft begrüsst es, dass die Post Neues ausprobiere, denn: «Die Alternative wäre ein Personalabbau.»

Klar ist, dass den neuen Dienstleistungen auch Grenzen gesetzt sind. So kommt es weder für Postsprecherin Lea Wertheimer, noch für René Fürst von der Gewerkschaft Transfair in Frage, dass die Postangestellten pflegerische Leistungen anbieten. Dafür brauche es eine spezialisierte Ausbildung, die die Post nicht anbieten könne.

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