Credit Suisse experimentiert gerade mit einer umfassenden Verjüngungskur: Statt sich edle Krawatten umzubinden, sollen ihre Berater – zumindest versuchsweise – in hippe Sneaker schlüpfen. Statt Schaltern steht in ihrer Pilot-Filiale eine Bar. Statt Besprechungszimmern gibt es multimedial aufgepeppte Gruppenräume. Und ja: Man duzt sich. Beraterinnen und Berater stellen sich jedenfalls mit Vornamen vor. Und sie haben ihr Ziel erreicht, wenn es ihnen Kundinnen und Kunden gleich tun.
CSX verdrängt NAB
Auf Äusserlichkeiten und Duzkultur in der Zürcher Pilot-Filiale soll sich die CS-Frischzellenkur aber nicht beschränken. CS lanciert eine veritable neue App-Bank namens CSX, will damit beispielsweise Revolut die Jungen und Junggebliebenen abwerben: etwa mit Gratis-Kontoführung und Auslandeinkäufen zum Devisenkurs, ohne Fremdwährungszuschläge.
Dafür kostet im Zeitalter von Twint und Apple Pay jeder Bargeldbezug extra. Und wer mehr als hunderttausend Franken auf dem CSX-Konto hortet, zahlt zudem Negativzins.
Auf manch Etabliertes will die CS dafür verzichten: auf die alteingesessene Bankentochter Neue Aargauer Bank, deren Ende vor zwei Wochen besiegelt wurde. Und auf fast 40 Filialen schweizweit, die sie nicht aufpeppt, sondern schliesst.
App-Bank kommt vergleichsweise spät
Der Schritt der Traditionsbank, deren Wurzeln bis zu Alfred Escher und dem Jahr 1856 zurückreichen, hin zur digitalen App-Bank, erfolgt vergleichsweise spät. Die deutsche N26 hat fünf, die britische Revolut drei Jahre Vorsprung. In der Schweiz sind andere weiter, wie die Basler Bank Cler mit Zak.
Allerdings dürfte Tempo in diesem Feld nicht nur ein Vorteil sein. So schreiben alle sogenannten Neo-Banken mit ihren Apps bislang nur Verluste. Wer länger im Geschäft ist, hat entsprechend mehr Geld verloren. Zudem gilt gerade die junge Kundschaft als besonders experimentier- und wechselfreudig, wenn neue Banking-Angebote neue Vorteile versprechen. Der Zeitpunkt des Markteintritts scheint daher eher zweitrangig zu sein.
Damit dürfte CS allerdings auch den grossen Konkurrenten UBS noch nicht endgültig abgehängt haben. Gerade der neue CEO Ralph Hamers hat sich ja ausdrücklich der digitalen Disruption verschrieben. Ein vergleichbares UBS-Angebot dürfte deshalb nicht lange auf sich warten lassen.
Vorteil der Schweizer Präsenz
Wer am Ende bei den App-Banken die Nase vorn haben wird, dürfte sich vor allem mit den gebotenen Funktionen und Nebenleistungen entscheiden. Und als Massstab für den Erfolg dürfte die Anzahl gewonnener Neukunden gelten. Geld verdienen dürften mit dem praktisch kostenlosen Angebot der App-Banken auch die Schweizer Banken nicht. Junge Kundschaft zu gewinnen, mit der sich in ein paar Jahren auch profitablere Geschäfte wie Hypotheken abwickeln lassen, dürfte das eigentliche Ziel sein.
Dass dies gelingt, scheint durchaus realistisch. Und das könnte ausgerechnet auch an den künftigen Filialen mit den Duz-Beratern in hippen Sneakers liegen.
Die Aussicht – etwa bei einem Phishing-Fall wie vor einiger Zeit bei der britischen Revolut – an der trendigen Bar statt in der endlosen Call-Center-Schleife seine Sorgen vortragen zu können – diese Aussicht dürfte manche App-Bank-Benutzer zum Wechsel zu einem Anbieter mit Schweizer Präsenz bewegen.