Der Bundesrat hat am Mittwoch skizziert, wie er im Winter die Energie-Versorgungssicherheit gewährleisten will. Eine der Massnahmen ist der Rückgriff auf Notstromaggregate.
Notstromaggregate leisten ein Drittel des AKW Gösgen
Wenn das Stromnetz ausfällt, streikt nicht nur die Wärmepumpe zu Hause, auch Unternehmen werden vor ernsthafte Probleme gestellt. Keine Kühlung, kein Licht, keine Produktion. Es gibt aber einen Helfer in der Not: sogenannte «Notstromaggregate». Betrieben werden sie meist mit Diesel. Sollte nun im Winter tatsächlich das Szenario eintreten, dass der Strom zwischenzeitlich nicht mehr ausreicht, dann könnten sie in die Bresche springen und das Stromnetz mit den nötigen Watt speisen. Das ist zumindest die Idee des Bundes.
Rund 300 Notstromaggregate gebe es in der Schweiz mit einer Gesamtleistung von rund 280 Megawatt, heisst es in einer Mitteilung. Diese werden von der Übertragungsnetzbetreiberin Swissgrid für Systemdienstleistungen eingesetzt. 280 Megawatt sind nicht unbedeutend. Zum Vergleich: Das Atomkraftwerk Gösgen generiert eine Leistung von rund 1000 Megawatt (ein Gigawatt) und deckt damit etwa 15 Prozent des schweizerischen Stromverbrauchs ab.
Grosses Potenzial bei den Unternehmen
Markus Blocher ist der Konzernchef der Dottikon ES. Sein Unternehmen stellt Zwischenprodukte für die Chemie- und Pharmaindustrie her. Die Firma zählt aber nicht als «Systemdienstleisterin». Trotzdem besitzt das Unternehmen einen Notstromgenerator – eigentlich, um wichtige Kühlketten im Notfall aufrechtzuerhalten. Das Stromnetz kann der Generator zwar nicht speisen, da er nicht ans Netz angeschlossen ist. Nichtsdestotrotz könnte der Generator helfen, wenn der Strom knapp wird. Indem er das Stromnetz entlastet.
Das Unternehmen habe bereits erste Tests durchgeführt, sagt Blocher. Der Generator lief dabei auf 30 Prozent der Leistung. «Sodass wir noch genügend Reserve haben, um einen Notfallszenario abzufangen.» Damit könne das Unternehmen auf 25 Prozent des Netzstroms verzichten. Das Potenzial der gesamten Industrie schätzt Blocher noch deutlich höher ein. «In der Schweiz gibt es installierte Leistungen von etwa vier Gigawatt für Notstromgeneratoren. Wenn man die auf etwa 25, 30 Prozent Last betreibt, wäre das etwa ein Gigawatt.» Und damit so viel, wie das AKW Gösgen leistet.
Verhindert die Luftreinhalteverordnung die Ausschöpfung des gesamten Potenzials?
Wenn das vorhandene Potenzial aber vollständig ausgeschöpft werden müsste, dann gibt es ein Problem. So dürfen Notstromgeneratoren nicht länger als 50 Stunden im Jahr laufen. Dies schreibt die Luftreinhalteverordnung vor.
Beim Bundesamt für Energie heisst es auf Nachfrage: «Für Anlagen, die im System des Bundes laufen, wird zurzeit vorbereitet, diese Vorschriften mit einer Revision der entsprechenden Verordnung im Winter befristet zu lockern. Dies ist derzeit aber für andere Anlagen nicht vorgesehen.» Ein Grossteil der Generatoren – wie beispielsweise derjenige der Firma Dotttikon ES – sind aber nicht im System des Bundes. In der Nutzungsdauer sind die Unternehmen deshalb weiterhin an die Verordnung gebunden.