Zum Inhalt springen

Ehrgeizige Pläne der SBB In Windeseile mit dem SBB-Zug nach Rom: Ist der Plan sinnvoll?

Die Ankündigung der SBB lässt aufhorchen: Sie prüft die Anschaffung von Höchstgeschwindigkeitszügen, also Züge die deutlich schneller fahren als die bisherige Flotte. Im Inland bringen diese Züge keine Vorteile, sie wären aber für internationale Verbindungen eine Option, sagt Professor Widar von Arx, Leiter des Kompetenzzentrums Mobilität der Hochschule Luzern.

Widar von Arx

Professor Hochschule Luzern

Personen-Box aufklappen Personen-Box zuklappen

Widar von Arx leitet das Kompetenzzentrum Mobilität der Hochschule Luzern (HSLU). Dort befasst sich von Arx mit neuen Technologien und Megatrends in der Mobilität, zudem ist er als Dozent und Projektleiter tätig.

SRF News: Würde es Sinn ergeben, Höchstgeschwindigkeitszüge nur für das Netz in der Schweiz anzuschaffen – zum Beispiel von St. Gallen nach Zürich?

Widar von Arx: Nur in der Schweiz ergibt das keinen Sinn. Dazu bräuchte es separate Trassen. Wenn man so ein Mischnetz hat wie in der Schweiz, wo die Güterzüge Tempo 80 fahren und dann kommt plötzlich ein Zug mit Tempo 300, dann müsste man aus Sicherheitsgründen riesige Abstände wahren. Das wäre aufwendig und würde viel Kapazität fressen.

Die SBB zieht in Betracht, Höchstgeschwindigkeitszüge für den grenzüberschreitenden Verkehr anzuschaffen, also für Verbindungen zum Beispiel nach Rom und Barcelona. Ist das sinnvoll?

Verbindungen nach Rom oder Barcelona könnten gelingen. Entscheidend wären die Partner. Die italienische Staatsbahn ist ab Mailand bereits in einem harten Wettbewerb mit der Konkurrenz. Ich denke, ein Stolperstein ist die Frage, ob die Kooperationspartner der SBB diese neuen Verbindungen mit der gleichen Priorität behandeln würden, wie das die SBB vielleicht gerne hätte.

Zug in Bahnhof
Legende: TGV in Lausanne: In Zukunft könnten noch mehr solcher Höchstgeschwindigkeitszüge auf dem Schweizer Netz fahren. Keystone/Salvatore di Nolfi

Die SBB bietet schon heute in Kooperation mit den umliegenden Staatsbahnen grenzüberschreitende Angebote an. TGV Lyria ist wohl das beste Beispiel von Zürich über Basel nach Paris. Wenn man diese Angebote ausbauen würde, dann würden diese Züge auch in der Schweiz mehr anzutreffen sein. Sie würden einfach normal schnell fahren.

Wäre es denkbar, dass die SBB im Alleingang solche Verbindungen anbieten würde – von Zürich nach Rom?

Es ist denkbar, aber sicherlich extrem herausfordernd. Sie müssen sich vorstellen: Man braucht dann auch am Zielbahnhof technisches Personal, um die Züge zu unterhalten. Man braucht im anderen Land auch ein Vertriebsnetz, weil die Leute ja auch dort Tickets kaufen können müssten, um von dort in die Schweiz zu fahren. Das sind Hindernisse, die schwierig zu überwinden sind.

Hochgeschwindigkeitszüge selber anzuschaffen, wäre sicher eine substanzielle finanzielle Belastung für die SBB.

Die SBB spricht von Tagesverkehr. Wäre es nicht sinnvoll, die Verbindungen mit Nachtzügen abzudecken?

Nachtzüge haben das Problem, dass sie nur in der Nacht eingesetzt werden können. Das macht sie nicht rentabel. Zudem haben sie nicht so eine grosse Kapazität.

Blick auf Kolosseum in Rom
Legende: Ausflug nach Rom zum Kolosseum – und dies mit dem Direktzug der SBB. Keystone/Jean-Christophe Bott

Die SBB möchte auch eine Verbindung nach London anbieten. Was ist davon zu halten?

London ist nochmals eine Komplexitätsstufe höher. Regulatorisch braucht es einen Check-in wie am Flughafen mit Passkontrollen, weil England nicht im Schengenraum liegt. Diese Infrastruktur müsste an allen Bahnhöfen vorhanden sein, wo der Zug einen Zwischenhalt macht. In Paris zum Beispiel. Und dann ist die Frage, ob in Paris die Trassen verfügbar sind, dass dieser Zug schnell dort durchkommt. Das wäre ein recht komplexes Projekt.

Tower Bridge in London
Legende: Bis man direkt mit dem Zug der SBB nach London reisen kann, dürfte noch viel Wasser die Themse herunterfliessen. Keystone/Lefteris Pitarakis

Sprechen wir über die finanzielle Situation. Die SBB zieht in Betracht, Hochgeschwindigkeitszüge selber anzuschaffen. Wäre das machbar?

Die SBB macht im Fernverkehr schon Gewinn und könnte das Rollmaterial kaufen. Doch sie braucht auch viel Geld, um die Flotte zu erneuern, die in der Schweiz fährt. Das heisst, es wäre sicher eine substanzielle finanzielle Belastung. Dann kommt auch das Risiko dazu, ob der Betrieb selbsttragend ist. Das würde sich die SBB sicher gut überlegen.

Das Gespräch führte Manuel Rentsch.

SRF 4 News, 7.3.2025, 16:13 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel