Zuerst der starke Franken, jetzt auch noch die Corona-Pandemie. Allein im Mai und Juni machten Schweizer Textilunternehmen rund ein Drittel weniger Umsatz als noch vor einem Jahr. Die Zahl der neuen Aufträge sank im gleichen Ausmass. Das zeigen Zahlen des Branchenverbands Swiss Textiles.
Mit voller Wucht getroffen
Die schlechten Nachrichten häufen sich entsprechend. Die Glarner Jenny Textildruck schliesst: 100 Arbeitsplätze gehen verloren. Auch Mitlödi Textildruck, ebenfalls eine Glarner Traditionsfirma, schliesst: Hier gehen 30 Arbeitsplätze verloren. Und die Berner Leinenweberei zieht sich aus dem Geschäft mit Textilien für die Gastronomie zurück: 40 Arbeitsplätze gehen verloren.
Die Corona-Pandemie habe die Textilindustrie mit voller Wucht getroffen, sagt Peter Flückiger, Direktor von Swiss Textiles, und ergänzt: «Das hängt mit der Internationalität unserer Branche zusammen. Italien und China sind zwei der Top-3-Märkte.» Und genau in diesen Absatzmärkten waren die Pandemie und der wirtschaftliche Lockdown besonders ausgeprägt.
Internationalität als Problem
Die Schweizer Textilindustrie erwirtschaftet rund 2.2 Milliarden Franken Umsatz im Jahr. 70 Prozent davon im Ausland. Das wird nun zum Problem.
«Das ist eigentlich das Neue und auch das Schwierige an dieser Krise. Dass sie im Gegensatz zu früheren Krisen gleichzeitig alle geografischen Märkte und auch alle Kundensegmente traf», erklärt Flückiger. «Das sind Kleiderläden, die Automobilindustrie, Airlines, die Hotellerie und die Gastronomie.»
Diese breite Aufstellung schützt auch nicht vor dem Einbruch. Der Suisse-Textile-Direktor sagt, dass das Hilfspaket des Bundes der Branche geholfen habe, aber auch die Kurzarbeitsgelder. In zwei Drittel der Textilunternehmen wird derzeit Kurzarbeit geleistet. Sie sind im Schnitt noch zu etwa 40 Prozent ausgelastet.
Innovative Nischen
Immerhin: Die Schweizer Textilunternehmen sind seit Jahrzehnten krisenerprobt. Die Massenindustrie ist schon lange weitergezogen nach Asien. Hierzulande hat sich die Branche in innovativen Nischen entwickelt.
Funktionstextilien, die hohe Margen versprechen, allen voran medizinische Produkte werden hergestellt «Unter Medizintextilien versteht man beispielsweise Implantate, künstliche Sehnen oder Bänder», weiss Flückiger. «Wir sind sogar daran, ein textiles Herz zu entwickeln.»
Die Schweizer Textilindustrie hat ihre Abhängigkeit vom Massengeschäft im Modehandel, das schon länger kriselt, verringert. Das hilft ihr jetzt, nach der Corona-Pandemie wieder rascher Tritt zu fassen.