Keine zwei Monate ist es her, seit Elon Musk Twitter übernommen hat. Doch was rund um den Kurznachrichtendienst seither geschah, könnte auch zwei Jahre füllen: Erst hat Musk grosse Teile der Belegschaft entlassen, nur um kurz darauf viele Angestellte zur Rückkehr aufzufordern. Er hat angekündigt, die Plattform zu einem Ort der freien Rede zu machen – nur um wenig später doch Inhalte zu löschen. Es wurden Pläne präsentiert, für verifizierte Konten Geld zu verlangen, dann wurden diese Pläne beerdigt, nur um in neuer Form wieder aufzuerstehen.
Zuletzt hat Elon Musk die Konten von Journalistinnen und Journalisten gesperrt, die kritisch über ihn berichtet hatten. Und er hat verboten, auf Twitter Links zu Konkurrenz-Plattformen wie Mastodon zu veröffentlichen – doch beides wurde vorerst wieder rückgängig gemacht und angekündigt, in Zukunft die Nutzerinnen und Nutzer über solche Entscheide abstimmen zu lassen. Kurz: Man kann Musks kurze Zeit als Twitter-CEO kaum anders als chaotisch bezeichnen. Sinn und Zweck hinter all seinen Ankündigungen und anschliessenden Rückziehern lässt sich kaum erkennen.
Rücktritt nur als CEO oder auch als Besitzer?
Dieser tumultuöse Management-Stil hat nicht nur Nutzerinnen und Nutzer, Datenschützer in den USA und Europa und Twitters Werbekunden verunsichert – jetzt scheint auch Elon Musk selbst genug zu haben: Per Twitter-Umfrage liess er darüber abstimmen, ob er als CEO der Plattform zurücktreten soll.
Das Ergebnis fiel eindeutig aus: 57,5 Prozent der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sprachen sich für seinen Abgang aus. In der Vergangenheit hat sich Musk bei solchen Twitter-Umfragen durchaus an das Ergebnis gehalten. Bloss stand dabei nie seine Rolle als CEO zur Frage. Ansonsten ist Musk nicht als jemand bekannt, der sich immer verpflichtet fühlt, seinen Worten auch Taten folgen zu lassen.
Es stellt sich ausserdem die Frage, ob Elon Musk bloss als Twitter-Chef zurücktreten wird oder versucht, gleich einen neuen Käufer für die Plattform zu finden. So etwas wird nicht leicht sein – und fast sicher in einem grossen Verlust für den zeitweilig reichsten Mann der Welt enden: Mit 44 Milliarden Dollar hat Musk für die Übernahme im Oktober deutlich mehr gezahlt, als Twitter eigentlich wert ist.
Der Kurznachrichtendienst hat in acht der letzten zehn Jahre Verlust geschrieben. Und unter der Führung von Elon Musk hat sich kein Weg abgezeichnet, wie sich das in Zukunft ändern könnte – ganz im Gegenteil.
Twitter verlassen, um auf Tesla zu fokussieren?
Man sollte nicht vergessen, dass Elon Musk Twitter vielleicht gar nie wirklich übernehmen wollte. Noch bis kurz vor dem Kauf suchte er nach Wegen, wieder von seinem bindenden Angebot zurückzutreten.
Es kann also sein, dass Musk jetzt endgültig genug hat von einer Sache, auf die er sich gar nicht wirklich einlassen wollte. Zumal er ja auch noch andere Unternehmen hat, um die er sich kümmern muss. Allen voran der Elektroauto-Bauer Tesla, mit dessen Kurs es seit Monaten bergab geht.