Die vergangenen Jahre herrschte in der Schweizer Wirtschaft Partystimmung. Gegen negative Vibes von aussen, die sich etwa im schwächelnden Euro beziehungsweise im Erstarken des Schweizer Frankens manifestierten, verabreichte die Nationalbank SNB Substanzen. Eine davon waren die Negativzinsen, die sich – anders als der Name vermuten lässt – positiv auf die Laune der Unternehmen auswirkten.
Sachverständige bezeichneten die Einführung der Negativzinsen vor gut acht Jahren entweder als «Blödsinn» und «gefährlich» oder sie lobten den Schritt als «kreativ» und «notwendig». Zumindest rückblickend darf man festhalten, dass die Schweizer Wirtschaft vergleichsweise gut gefahren ist.
Nun herrscht Katerstimmung nach der Party
Doch es gibt auch Firmen, die nur dank des billigen Geldes überhaupt fähig waren, mitzuhalten. Sie fielen in der Menge nicht auf, aber früher oder später – wenn die Party vorbei ist – kommt der Kater, der sich in der Wirtschaft in Form von Konkursen, Insolvenzen und Staatshilfen zeigt.
Zombie-Firmen, die günstig auf Pump lebten, nun aber plötzlich wieder auf dem harten Boden der Realität landen. Pensionskassen mit einer unglücklichen Anlagestrategie, die jetzt bei sinkenden Aktienkursen sämtliche Reserven wegfressen lässt.
Start-ups, denen im allgemeinen Anlagenotstand das Geld regelrecht nachgeworfen wurde – auch wenn die Geschäftsidee nicht mehr als eine Idee ist. Besitzer von Rendite-Liegenschaften, die plötzlich wieder Zinsen zahlen müssen.
Die Liste der Firmen mit Katerstimmung wächst mit jedem Zinsschritt der SNB. Der Entzug des billigen Geldes tut mancherorts weh, bedeutet aber die Abkehr von der acht Jahre langen ökonomischen Unvernunft: Denn wenn Schulden machen belohnt und Sparen bestraft wird, setzt das falsche Anreize und führt zu Fehlallokationen.
Geldpolitischer Drogen-Entzug ist notwendig
Lange in Geiselhaft des Euros und der Europäischen Zentralbank EZB hat die SNB aufgrund der steigenden Inflation ihre Freiheit wiedergewonnen. Die Bekämpfung der Inflation mit steigenden Zinsen dürfte die Partystimmung in der Schweiz bremsen und zu einer Strukturbereinigung führen, aber sie erhöht gleichzeitig die Chance, dass die Schweizer Wirtschaft auf einen gesünderen Pfad zurückfindet.
Ist der geldpolitische Drogen-Entzug mit der neusten Zinserhöhung von 0.75 Prozentpunkten zu radikal oder angesichts der Lage angemessen? Darüber darf gestritten werden. Aber zumindest der Weg zurück auf ein gesundes Zinsniveau stimmt.