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Enge Bindung zum Publikum Podcasts sind einflussreich – das hat auch Donald Trump gemerkt

Kaum ein Medium ermöglicht eine so enge Bindung zum Publikum wie Podcasts. Davon will auch die Politik profitieren.

Mehr als eine halbe Milliarde Menschen auf der ganzen Welt haben sich 2024 laut Statistik-Dienst Statista mindestens einmal im Monat einen Podcast angehört. Im Vergleich zu früheren Jahren ist der Zuwachs zwar kleiner geworden, aber der Markt wächst weiter. Auch die Werbung investiert weiter in Podcasts, das Wachstum hat sich im Vergleich zu früheren Jahren aber auch da abgeschwächt.

Zahlenlage schwierig

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Ein Mikrofon in einem Aufnahmestudio
Legende: Colourbox

Podcasts sind ein offenes Format und nicht an eine bestimmte Plattform gebunden: Sie sind bei Spotify oder Youtube zu hören (und immer öfter auch zu sehen) oder werden per RSS-Feed ausgeliefert, der eine Erfassung der Nutzungsdaten nur über Umwege möglich macht. Dieser Fragmentierung wegen ist es schwierig, an aussagekräftige Zahlen zur Podcast-Nutzung zu kommen – gerade auch, was ein kleines Land wie die Schweiz angeht.

Zwar untersucht die Interessengemeinschaft elektronische Medien IGEM seit Längerem die Podcast-Landschaft der deutschen Schweiz. Doch im Laufe der Zeit hat es Veränderungen bei Befragung und Messmethode gegeben, weshalb sich die Zahlen der verschiedenen Jahre nicht immer miteinander vergleichen lassen.

Die Schweizer Zahlen zeigen ein ähnliches Bild: Es kommen jedes Jahr neue Hörerinnen und Hörer dazu – von 2022 auf 2023 waren es rund 270'000. 43 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer hören sich zumindest gelegentlich einen Podcast an. Allerdings: Nur gerade 400'000 davon tun das täglich. Wie in anderen Ländern gehören auch bei uns Talk-Formate aus den Bereichen Comedy und Unterhaltung zu den beliebtesten Genres.

Das war nicht immer so: Die ersten Podcasts bedienten Mitte der Nullerjahre häufig ein Nischen-Publikum mit Nischen-Themen. Doch mit dem enormen Publikumszuwachs der letzten Jahre hielt der Mainstream in der Podcast-Landschaft Einzug. Erste Celebrity-Podcasts entstanden, die zum Massen-Phänomen wurden. In den USA teilen die 25 meistgehörten Titel heute fast die Hälfte aller Podcast-Hörerinnen und -Hörer unter sich auf.

Youtube ist die beliebteste Podcast-Plattform

Mit der Zunahme solcher per­sön­lich­keits­ge­trie­benen Formate wurde auch Video immer wichtiger – viele der Top-Podcast-Hosts kann man heute nicht nur hören, sondern auch sehen. Die Corona-Pandemie ist nicht unschuldig daran: Weil viele Podcast-Macherinnen und -Macher während der Lockdowns nur per Computer miteinander sprechen konnten, lag der Schritt nahe, sich dabei auch noch zu filmen. Damit ist Youtube in den USA mit einem Marktanteil von 31 Prozent zur wichtigsten Podcast-Plattform geworden, vor Spotify mit 21 Prozent und der ehemaligen Nummer eins Apple mit nur noch 12 Prozent.

Wie Apple die Podcast-Krone verlor

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Das Apple-Logo mit darübergelegtem Podcast-Logo und einer Krone
Legende: Fotomontage SRF

Das «Pod» in Podcasts kommt vom iPod: Apple hat das Medium in den Nullerjahren bekannt gemacht und ihm ein Vertriebsmittel geboten, um Inhalte zum Herunterladen für seinen Musikspieler zu haben. Allerdings hat das Unternehmen kaum je grosse Mittel in die Technologie gesteckt, sondern seine Podcast-Plattform eher nebenbei betrieben.

Erst 2019 ist auch die Musik-Streaming-Plattform Spotify auf den Podcast-Zug aufgesprungen. Das Unternehmen hat mehr als eine Milliarde Dollar in den Podcast-Bereich investiert. Seit Video-Podcasts immer populärer werden, will sich Spotify nun auch einen Teil von diesem Kuchen sichern und soll bis zu siebenstellige Summen zahlen, um entsprechende Titel auf seine Plattform zu holen.

Etwas, das der Konkurrent Youtube nicht nötig hat: Weil dort schon immer Videos zu sehen waren, ist Youtube zur grössten Podcast-Plattform geworden. Nicht zuletzt, weil Macherinnen und Macher auf der Plattform ein bestehendes Publikum von über zweieinhalb Milliarden monatlichen Nutzerinnen und Nutzern finden und an den Werbeeinnahmen teilhaben können, die Youtube mit dieser Masse erwirtschaftet.

Laut einer aktuellen Umfrage sehen sich in den USA ganze 84 Prozent der 13- bis 24-Jährigen Video-Podcasts an. Auch in der Schweiz ist Youtube beim jungen Publikum heute die meistgenutzte Podcast-Plattform. Und Befragungen zeigen, dass Videos die parasoziale Beziehung zu den Podcast-Hosts noch erhöhen – das einseitige Gefühl einer engen Vertrautheit, die eine wiederkehrende Stimme im Ohr mit sich bringen kann.

Podcasts sind zum wichtigen Wahlkampf-Mittel geworden

Davon will nun auch die Politik profitieren: Im diesjährigen US-Präsidentschaftswahlkampf waren sowohl Kamala Harris als auch Donald Trump in diversen bekannten (Video-)Podcasts zu Gast. Letzter konnte mit seinen über 20 Auftritten mehr als 100 Millionen Views bei Youtube sammeln. Podcasts waren im Wahlkampf damit wohl wichtiger als Social-Media-Formate, mit deren Hilfe Kandidatinnen und Kandidaten in früheren Wahlen zu punkten versuchten.

Kein Wunder: Während ein Video bei Tiktok nur ein paar Sekunden spielt und dann gleich vom nächsten ersetzt wird, ist man in einem Podcast oft über Stunden ganz nahe beim Publikum. Welchen Einfluss Podcasts damit auf Hörerinnen und Hörer haben können, zeigt noch einmal eine Studie aus den USA: Dort haben 86 Prozent der Befragten erklärt, dass sie Informationen aus Podcasts gleich viel oder sogar mehr vertrauen als Informationen aus anderen Quellen.

Rendez-vous, 12.12.2024, 12:55 Uhr

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