16 Jahre lang – von 1999 bis 2015 - herrschte der Bündner Pierin Vincenz über das System Raiffeisen, waltete und schaltete, wie er wollte. Seine Machtfülle war legendär – und wurde ab 2012 auch immer heftiger kritisiert.
Hypotheken reichten ihm nicht
Zwar baute er aus den kleinen Raiffeisen-Kassen eine stolze Bankengruppe auf, die Ende des letzten Jahres weit über 200 Milliarden Franken Bilanzsumme aufwies. Die gut 300 zur Gruppe gehörenden Banken vergaben vor allem Hypotheken und überholten in diesem Geschäft gar die Grossbanken UBS und CS. Jahrelang erntete Vincenz dafür auch Applaus.
Doch Hypotheken vergeben reichte dem Bündner nicht. Er wollte höher hinaus, baute aus, kaufte zu: Für die in Not geratene Privatbank Wegelin gab er 550 Millionen Franken aus. Ein Zukauf, der ihm an der Raiffeisen-Basis selbst viel Kritik einbrachte.
Auch wegen Lohn in der Kritik
Weitere Abenteuer wie die Beteiligung am Kreditkartengesellschaft Aduno, am Derivate-Haus Leonteq oder auch an der Private-Equity-Gesellschaft Investnet und anderen folgten. Meist nahm Vincenz gleich auch Platz im Verwaltungsrat der Beteiligungen. Oder beteiligte sich privat an ihnen. Gleichzeitig schüttete sich Vincenz selbst immer mehr Lohn aus – zeitweise sollen es zwischen 3 und 4 Millionen Franken gewesen sein. Der Verwaltungsrat von Raiffeisen beschränkte daraufhin die Löhne auf 2 Millionen Franken.
Bodenhaftung verloren
Die nicht mehr kontrollierte Machtfülle wurde dem einst gefeierten Banker wohl letztlich zum Verhängnis. Vincenz hatte niemanden mehr neben sich, der ihm Bodenhaftung gegeben hätte. Zumal ihm mit seiner Frau als Chefjuristin auch in der Rechtsabteilung niemand die Stirn zu bieten wagte.
Die Zürcher Staatsanwaltschaft hat eine Untersuchung gegen Pierin Vincenz eröffnet und Hausdurchsuchungen durchgeführt. Wie zuvor schon 2017 die Finanzmarktaufsicht Finma, untersuchen auch die Zürcher Strafverfolgungsbehörden mögliche Interessenskonflikte.
Finma-Eignigung bringt keine Ruhe
Die Finma stellte ihre Untersuchung vor Weihnachten allerdings ein: Nachdem Vincenz alle Mandate in der Finanzbranche abgegeben hatte, bestand aus aufsichtsrechtlicher Sicht kein Handlungsbedarf mehr. Vincenz hatte gehofft, die Sache damit vom Tisch zu haben.
Doch nun holt den Bündner Banker mit der strafrechtlichen Untersuchung der Zürcher Staatsanwaltschaft die Geschichte doch wieder ein. Dass sich sein ehemaliger Arbeitgeber Raiffeisen als Privatkläger der Untersuchung anschliesst, muss für Vincenz doppelt bitter sein.
Der Vorwurf der Staatsanwaltschaft lautet auf ungetreue Geschäftsbesorgung im Umfeld der Beteiligungen Aduno und Investnet. Vorerst aber gilt für den einst erfolgreichen Raiffeisen-Banker aber die Unschuldsvermutung.