Das Angebot an Wohnungen und Häusern ist in der Schweiz seit Mitte März eingebrochen. Eine Auswertung von Raiffeisen zeigt: Es gibt 50 Prozent weniger Inserate.
In «ECO» sagt Immobilienexperte Donato Scognamiglio, welche Korrekturen er auf dem Immobilien-Markt erwartet und ob man seiner Meinung nach im Moment ein Haus oder eine Wohnung kaufen soll.
Reto Lipp: Wenn Anbieter nun die Preise für ihre Wohnungen senken, wird das die Nachfrage ankurbeln?
Donato Scognamiglio: Das Hauptproblem ist die Angst. Die Leute sind unsicher, sie wissen nicht, ob sie ihren Job behalten werden. 30 Prozent der Arbeitnehmer verdienen nur noch 80 Prozent, weil sie in Kurzarbeit sind.
Könnten die Preisnachlässe bis im Herbst vielleicht sogar von 5 oder 6 Prozent auf 10 oder 15 Prozent wachsen?
In diesem Geschäft rechnen wir mit einer Marge von rund 13 Prozent. Irgendwann ist Schluss mit Senkungen. Und wenn das Geschäftsmodell nicht mehr rentiert, wird es diese Angebote auch irgendwann nicht mehr geben.
Makler sehen die Sonne, wenn es schon regnet.
Wir haben mit Maklern in Zürich gesprochen, sie waren sehr positiv. Ist das einfach Schönfärberei?
Makler sind von Haus aus Optimisten. Sie sehen die Sonne, auch wenn es schon regnet. Das gehört zum Job, sie verkaufen Träume, sie verkaufen Hoffnungen.
Ich gehe davon aus, dass das Luxussegment am meisten leiden wird. Sie sehen doch, die Leute kaufen Toilettenpapier und Kartoffeln und keine Luxusuhren. Im Immobilienbereich werden wir etwas ähnliches sehen.
Wer aber jetzt noch immer Geld hat und sich überlegt, eine Immobilie zu kaufen: Ist das ein guter Zeitpunkt, oder sollte man besser warten?
Es sind zwei Aspekte, die relevant sind: der Lohn – Sie müssen die Tragbarkeit erfüllen –, und Sie müssen die Eigenmittel haben.
Solange Sie einen Job haben, würde ich zugreifen.
Solange Sie einen Job haben und Einkommen , und solange Sie die Eigenmittel haben, würde ich zugreifen. Ich würde nicht spekulieren und denken, morgen ist es vielleicht noch 5 Prozent billiger.
Wir haben eine hohe Hypothekar-Verschuldung in der Schweiz und steuern in eine Rezession. Werden nun viele Immobilien auf den Markt kommen, weil die Eigentümer sie nicht mehr bezahlen können?
Jenen, die bereits ein Objekt haben, passiert das nicht. Die meisten haben eine Fix-Hypothek abgeschlossen. Gefährlich würde es erst, wenn man diese Werte nach unten korrigieren und sagen würde: Jetzt ist dein Kredit höher als 80 Prozent der Schuld, und jetzt musst du zusätzlich Geld amortisieren. Das wäre der Supergau.
Schwierig wird es für die, die jetzt ein Haus kaufen möchten – weil sie vielleicht den Job verlieren, weil sie unsicher sind, weil sie ängstlich sind. Aber Immobilien sind eine Anlage über 100 Jahre, und da sollte ich mich nicht von Angst leiten lassen.
Wird die Corona-Krise den Immobilienmarkt umpflügen, wie die ganze Wirtschaft?
Ich denke leider ja, vor allem im Gewerbe- im Geschäftsbereich sehen wir die Korrekturen (s. Video unten). Die Börse hat zum Teil schon massiv korrigiert. Sie ging zum Teil unter den Netto Asset Value, unter den inneren Wert, der Gesellschaft.
Ich denke aber, dass liquide Objekte immer gefragt sind. Wenn Sie also kein grosses Haus mehr vermögen, dann ziehen Sie in die 5-Zimmer-Wohnung. Wenn Sie die nicht mehr vermögen, dann gehen Sie in die 3-Zimmer-Wohnung. Für kleinere, liquide Objekte wird die Nachfrage intakt bleiben.
Das Interview führte Reto Lipp.