Noch gibt es Libra, die neue Kryptowährung von Facebook, nur auf dem Papier. Ob sich die alternative Währung wirklich durchsetzen wird, sei ungewiss, sagt Jürg Müller vom Thinktank Avenir Suisse und Co-Autor der Analyse: «Es gibt gewaltige Hindernisse. Und es gibt auch mächtige Konkurrenz.»
Die Banken würden US-Technologiegiganten wie Facebook das Terrain im weltumspannenden Zahlungsverkehr wohl kaum widerstandslos überlassen.
Überweisungen ohne hohe Gebühren
Herausgefordert seien die herkömmlichen Finanzhäuser aber schon, sagt Müller: «Libra zeigt, dass es neue technologische Möglichkeiten gäbe, mit denen eine neue Finanzarchitektur aufgebaut werden könnte.» So wäre es mit der rein digitalen Währung dereinst möglich, weltweit günstig Geld zu überweisen, ohne die teils kostspieligen Dienste der Banken zu beanspruchen.
Fast jeder von uns nutzt Whatsapp. Und dies, obwohl wir Bedenken gegenüber Facebook haben.
Fraglich ist, ob die Kunden Libra das dazu nötige Vertrauen schenken. Unter Umständen werden sie das schon, meint Müller: «Wenn wir bedenken, was wir tagtäglich machen: Fast jeder von uns nutzt Whatsapp, ein Facebook-Produkt, und dies, obwohl wir datenschutzrechtliche Bedenken gegenüber Facebook haben.»
Praktischer Nutzen wird höher gewichtet
Der Grund dafür ist laut Müller, dass solche digitalen Angebote für viele Nutzer praktisch sind. «Sie haben einen so hohen Wert für uns alle, dass wir unsere Bedenken relativ rasch über Bord werfen.» Er gibt der Währung deshalb eine Chance.
Allerdings müssten die Libra-Macher zuerst die vielen Skeptiker überzeugen, die etwa vor Geldwäscherei oder Datenmissbrauch warnen. Keine leichte Aufgabe, räumt Müller ein. Durchaus möglich ist deshalb, dass Politik und Behörden dem Projekt einen Riegel schieben, bevor es richtig gestartet ist.