Familie Lindner ist für die Weihnachtsferien aus der Nähe von Chicago in die Schweiz gereist. Die vier verbringen zusammen zwölf Tage in Andermatt. Wie viele andere Landsleute reizte sie die Schweiz als Reiseziel. «Wir wollen ein grosses Abenteuer machen», sagt Vater John. Amerikanische Touristen ständen auf Abenteuerferien, wie man sie in der Schweiz machen könne. Zudem kann man in der Schweiz das Skifahren mit anderen Aktivitäten wie Stadtbesichtigungen oder Konzertbesuchen kombinieren, fügt Mutter Catherine hinzu.
Wir wollen ein grosses Abenteuer machen.
Die Lindners sind Teil von vielen amerikanischen Touristinnen und Touristen, die es dieses Jahr für Ferien ins Ausland zog. Während Corona hat sich bei den Menschen in den USA eine Reiselust angestaut. Ausserdem konnten sie Geld auf die Seite legen. Nun versuchen sie weiter das nachzuholen, was in den zwei Jahren Pandemie nicht möglich war.
Rekordwert erwartet
Besonders viele Amerikanerinnen und Amerikaner reisten dieses Jahr nach Europa und auch in die Schweiz. Zwischen Januar und Oktober gab es hierzulande knapp 2.7 Millionen Hotelübernachtungen von Gästen aus den USA, wie die Zahlen vom Bundesamt für Statistik (BFS) zeigen. Das sind bereits 21.8 Prozent mehr als im gleichen Zeitraum 2019 im letzten Jahr vor der Pandemie.
Fürs ganze Jahr 2023 erwartet Schweiz Tourismus rund Millionen Hotelübernachtungen. Das wäre ein Höchstwert in fast 40 Jahren. Die offiziellen Zahlen publiziert das BFS Ende Februar.
Die Rolle der Teuerung
Der Zeitpunkt für das grosse Interesse an der Schweiz von Reisenden aus den USA erstaunt. Denn der US-Dollar hat sich in den vergangenen Monaten im Vergleich zum Schweizer Franken abgewertet. Für Touristinnen und Touristen aus den USA ist das eigentlich ungünstig.
«Reisen in die Schweiz sind aufgrund des Wechselkurses teurer geworden», sagt Tourismusexperte Jürg Stettler. Der Professor von der Hochschule Luzern macht aber auch einen gegenläufigen Effekt bei der Teuerung aufmerksam. Die Inflation in der Schweiz sei tiefer als in den USA oder in den europäischen Nachbarländern. «Daher sind Reisen in den USA wesentlich teurer geworden, in der Schweiz dagegen weniger.»
Ja, der Wechselkurs sieht nicht toll aus, es wird teuer – aber Skifahren ist auch in den USA nicht günstig.
Auch die Familie Lindner hat vor ihren Ferien in Andermatt auf den Wechselkurs geschaut. «Wir dachten: Ja, der Wechselkurs sieht nicht toll aus, es wird teuer – aber Skifahren ist auch in den USA nicht günstig», erklärt John Lindner. Die Preise für die Skimiete, das Essen und die Unterkunft seien mit den Preisen in den USA vergleichbar, stimmt Catherine Lindner zu.
Angesprochen auf die teuren Flugkosten meint Familie Lindner, sie komme aus Chicago, ob sie nach Colorado oder in die Schweiz fliegen zum Skifahren, spiele da preislich keine grosse Rolle. Und: «Wenn man eine grosse, aufregende Reise machen möchte, muss man es einfach tun.»
Der Trend dürfte länger anhalten, wenn sich die wirtschaftliche Lage solide und stabil entwickelt.
Wichtig für die Reiselust der Menschen in den USA ist auch die Wirtschaftslage. «Die Arbeitslosigkeit ist tief, die Börsenkurse haben sich gut entwickelt und die Konsumentenstimmung ist gut», fasst Stettler zusammen. Dies stütze das Reiseverlangen der Amerikanerinnen und Amerikaner. «Der Trend dürfte länger anhalten, wenn sich die wirtschaftliche Lage solide und stabil entwickelt.»
Familie Lindner will auf jeden Fall in die Schweiz zurückkehren. Sie wolle die Schweiz im Sommer sehen, meint Mutter Catherine Lindner. «Dann ist es hier sicher auch ganz schön!»