Laura und Flurin träumten von einem eigenen Campingbus. In den Ferien hatten sie bereits gute Erfahrungen mit einem gemieteten Camper gemacht. Dann kam die Pandemie, und dann hatten sie reichlich Zeit, sich konkreter Gedanken dazu zu machen.
Camping-Nation Schweiz
Nur, sie waren nicht die einzigen. «Plötzlich wollten alle einen Campingbus», sagt Laura. Während der Pandemie hatten viele die Musse, um zu Hause vor dem PC Inserate durchzuschauen. Camping mit dem eigenen Bus bot sich zudem förmlich an, weil Reisen ins Ausland erschwert, Züge und Flugzeuge nur eingeschränkt nutzbar waren.
Zu Spitzenzeiten gingen 17 Prozent der weltweiten Produktion der VW-Camper in die Schweiz.
Entsprechend stiegen laut der Occasionsplattform Auto Scout 24 die Preise für Occasion-Busse zwischen 2020 und 2023 um 22 Prozent. Laut der massgeblichen Studie hat die Schweiz 2022 mit 99 Campingfahrzeugen auf 10'000 Einwohnerinnen gar zur Camping-Nation Niederlande aufgeschlossen, welche die europäische Rangliste anführt.
VW-Bullis am beliebtesten
Die Suchanfragen auf den Plattformen sprechen eine klare Sprache. Am beliebtesten ist der Campingbus, und zwar der von VW, auch bekannt als VW-Büssli, California oder Bulli. Sie stehen auch bei den Neufahrzeugen deutlich vor den Campingbussen von Mercedes-Benz, Fiat, Ford und Co.
Innert zehn Jahren haben sich die Logiernächte auf unseren Campingplätzen verdoppelt. Von rund 500'000 auf eine Million.
Bei der Amag AG, der Generalimporteurin von VW in der Schweiz, ist man verblüfft über die hohe Nachfrage nach VW-Campern. «Die Verkaufszahlen steigen seit Jahren und erreichten 2019 einen Rekord. Während der Pandemie kam es dann zu Lieferengpässen, und die Kunden mussten bis zu einem Jahr auf ihr Auto warten», sagt Sebastian Kobel, Autoverkäufer bei der Amag AG.
«Zu Spitzenzeiten gingen 17 Prozent der weltweiten Produktion der VW-Camper in die Schweiz. Das ist der zweite Platz hinter Deutschland, das fast zehn Mal so viele Einwohner hat.» Trotz der Negativschlagzeilen, die VW in den letzten Jahren gemacht hat – allen voran der Abgas-Skandal – sind die VW-Busse in der Schweiz also beliebter denn je.
Auf den Campingplätzen spürbar
Auch der TCS, der grösste Campingplatz-Betreiber der Schweiz, spürt den Campingboom deutlich. «Innert zehn Jahren haben sich die Logiernächte auf unseren Campingplätzen verdoppelt. Von rund 500'000 auf eine Million», sagt TCS Camping-Experte Oliver Grützner.
Die Leute campieren wild und hinterlassen Abfälle überall. Auch in den Bächen und Seen.
Aber der Boom birgt auch seine Schattenseiten. Auch das Wildcampen hat zugenommen, und vielerorts wurden Klagen über illegales Übernachten und verdreckte Parkplätze laut. In den meisten Kantonen ist wildes Campieren ausserhalb der Campingplätze nicht erlaubt.
Aber es gibt Ausnahmen. Toleriert wird es meist in den Bergen oberhalb der Baumgrenze. Parkplätze auf Alpenpässen wurden damit in der Hochsaison zu Wildcamping-Hotspots – und nicht alle verhalten sich anständig. «Die Leute campieren wild und hinterlassen Abfälle überall. Auch in den Bächen und Seen», sagt Marzio Eusebio, der auf dem Gotthard das Hospiz betreibt.
Verschiedene Kantone und Gemeinden haben das Problem aber mittlerweile erkannt und greifen ein. Die Massnahmen sind vielfältig. Bussen, bessere Beschilderung, die Bereitstellung von öffentlichen WCs und das Einsammeln von Kurtaxen gehören dazu.