- Nach einem überraschenden Führungswechsel bei Fiat-Chrysler reagieren Anleger verunsichert.
- Die Aktie verlor an der Mailänder Börse zeitweise mehr als fünf Prozent.
- Grund für den Chef-Wechsel ist der kritische Gesundheitszustand des vorherigen Fiat-Chrysler-Chef Sergio Marchionne – er leidet an unerwarteten Komplikationen nach einer Schulteroperation.
Analysten gehen davon aus, dass sich der neue Fiat-Chrysler-Chef Mike Manley zunächst an der Strategie seines Vorgängers orientieren kann. Längerfristig sei die Zukunft des weltweit siebtgrössten Autobauers jedoch unsicher.
Während manche Analysten denken, dass Manley den vom Vorgänger ausgegebene Kurs bis 2022 weiter umsetzen wird, gehen andere davon aus, dass die bisherigen Ziele nur begrenzt als Anleitung dienen können. So etwa Max Warburton von der Beratungsgesellschaft Bernstein: Er denkt, dass Mike Manley eine schwierige Aufgabe vor sich hat. Er müsse die Finanzwelt erst von sich überzeugen.
Die am Mittwoch geplante Telefonkonferenz mit Analysten anlässlich der Quartalszahlen werde für den 54-Jährigen Manley daher eine erste Bewährungsprobe. Er tritt ein schwieriges Erbe an.
Hoffnung auf grossen Deal verpufft
Sein Vorgänger Sergio Marchionne genoss mit seiner Erfahrung aus 14 Jahren an der Unternehmensspitze bei Investoren hohes Ansehen. Die vorzeitig erzwungene Ablösung durch seine schwere Erkrankung traf Investoren wie aus dem heiteren Himmel.
«Der Markt wusste, dass Sergio Marchionne Anfang 2019 als Konzernchef in den Ruhestand gehen würde, aber einige von uns gingen davon aus, dass er als Verwaltungsrat bleiben und weiterhin Anweisungen geben würde», schrieb Warburton.
Andere hätten die Hoffnung gehegt, dass Marchionne vor seinem geplanten Abgang doch noch einen grossen Deal verkünden werde. Er hatte in den vergangenen Jahren mehrfach versucht, den Konzern mit einem grösseren Konkurrenten zu verbünden. Dies sei ihm weder mit Volkswagen, noch mit General Motors, Toyota und Ford gelungen.
Es gibt keine Bedienungsanleitung
Deshalb hatte Marchionne seinen Fünf-Jahres-Plan darauf angelegt, die Überlebensfähigkeit von Fiat-Chrysler aus eigener Kraft zu sichern – durch Investitionen in die Zukunft. Der Konzern soll stärker auf Elektroautos und autonomes Fahren setzen, um den Anschluss an die Konkurrenz nicht zu verlieren. Gleichzeitig soll die Produktion von Geländewagen hochgefahren werden, da diese weltweit stark gefragt sind und an die Hersteller daran gut verdienen.
Kurzfristig erwartet der Berater Warburton keine grösseren Probleme für Fiat-Chrysler. Langfristig könnten die Sorgen aber zunehmen. Denn Marchionne habe Fiat-Chrysler in einem Befehls- und Kontrollstil mit konstanten Brandbekämpfungsmassnahmen geführt. «Es gibt keine Bedienungsanleitung, der man folgen kann», sagt Warburton.
Chinesen könnten ein Auge auf Fiat werfen
Die grösste Baustelle im Konzern ist nach Überzeugung von Experten das Massengeschäft von Fiat und Chrysler. Diese Sparte gilt es nach Felipe Munoz, Analyst bei Jato, wieder flott zu machen. Dafür sei der neue Konzernchef Manley der richtige Mann.
Ohne Partner dürfte es aber schwierig werden, die Kosten für die Einhaltung der schärferen Abgasvorgaben und die Investitionen in neuen Technologien zu stemmen. Zudem nimmt die Konkurrenz im Geschäft mit SUVs zu. Deshalb könnten die Gewinne in den nächsten Jahren nicht mehr so üppig ausfallen, befürchten Experten.
Unter den Wettbewerbern aus der westlichen Welt und aus Japan ist Fiat Chrysler nach Ansicht von NordLB-Analyst Frank Schwope einer der Schwächsten. Der Konzern verfüge über vergleichsweise wenig Geld für Neuentwicklungen und habe eine veraltete Modellpalette. Schwope sieht Fiat Chrysler daher über kurz oder lang als Übernahmekandidaten für einen chinesischen Autobauer.