Nach den jüngsten Finanzskandalen lässt die Grossbank nichts unversucht, um die Gemüter zu beruhigen. Es rollen Köpfe, die Investoren müssen auf Geld verzichten, die Boni werden gekürzt. Sogar Noch-Verwaltungsratspräsident Urs Rohner verzichtet auf einen Teil seines Gehalts.
Doch all dies dürfte kaum genügen. Im Kern sind die hohen Ambitionen der Credit Suisse im riskanten Investmentbanking das Problem. Darum führt kein Weg an einer Diskussion über die Konzernstrategie vorbei.
Mehr als ein Betriebsunfall
Pannen und Pleiten gehören zum Geschäft mit riskanten Finanzvehikeln. Insofern überraschen die Skandale der zwei Firmen Greensill und Archegos, in die die CS verwickelt ist, nicht. Wer mit scharfer Munition operiert, muss sich nicht wundern, wenn es gelegentlich knallt. Die Milliardenverluste der Schweizer Grossbank sind aber mehr als ein Betriebsunfall.
Denn während zum Beispiel die US-Bank Goldman Sachs oder die Deutsche Bank mit vergleichsweise geringen Verlusten aus dem Archegos-Debakel davonkommen, trifft es die CS sehr schwer. Über vier Milliarden Franken Verlust allein aus diesem Fall meldet die Bank. Das übersteigt die Summe, die die CS sonst in einem ganzen Jahr als Gewinn erwirtschaftet.
«Ernsthafte Lektionen»
Der Verwaltungsrat unter dem demnächst abtretenden CS-Präsidenten Urs Rohner kann deshalb gar nicht anders, als drastische Massnahmen zu ergreifen: Rohner verzichtet auf 1.5 Millionen Franken seines Honorars. Die Boni der Konzernleitung und die Dividende für die CS-Aktionärinnen und Aktionäre werden gekürzt. Die oberste Risiko-Managerin muss gehen, ebenso der Chef der Investmentbank-Abteilung. Weitere Schritte dürften folgen.
CS-Konzernchef Thomas Gottstein lässt sich mit den Worten zitieren, dass «ernsthafte Lektionen gelernt werden» müssten. Was könnte er damit meinen? Einiges spricht dafür, das typischerweise eher riskante Investmentbanking zurückzubinden.
UBS als Vorbild?
Im Gegenzug könnte die CS ihr Vermögensverwaltungsgeschäft stärker als bislang betonen. Der Vorteil: Die Vermögensverwaltung ist weniger riskant. Hier arbeitet die Bank mit dem Geld der Kundinnen und Kunden – und zwar auf deren Risiko. Gebühren kann sie in jedem Fall kassieren, egal ob es an den Finanzmärkten gut läuft, oder schlecht.
Ein Blick auf den grossen CS-Rivalen, die UBS, zeigt, was das bringen könnte: Die UBS hat – als Lehre aus ihrer Nahtod-Erfahrung in der Finanzkrise von 2008 – das Investmentbanking radikal verkleinert. Heute spielen die Investment-Banker bei der UBS die zweite Geige. Den Ton gibt die Vermögensverwaltung an. Entsprechend solide und – von aussen gesehen – fast langweilig ist heute das Geschäft der UBS.
Die Credit Suisse könnte sich daran ein Beispiel nehmen. Das käme allerdings einer Abkehr von ihrer bisherigen Strategie gleich, die darauf basierte, Superreiche und Firmenkunden mit möglichst allen möglichen Bankgeschäften zu bedienen, auch mit riskanten Geschäften.