Der 19. März, an dem die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS angekündigt wurde, «wird für immer in unserem Gedächtnis eingraviert bleiben», sagte Denis Pittet von der Bank Lombard Odier und Präsident von «Fondation Genève Place Financière» am Donnerstag in Genf.
Die Stiftung vertritt als Dachorganisation die Banken, Vermögensverwalter sowie andere Finanzinstitute in Genf. Das sind 6500 Unternehmen mit insgesamt fast 38'000 Angestellten. Sie machen rund 13 Prozent der Genfer Wirtschaftsleistung aus.
Trotz des Bebens in der Bankenwelt und der Ankündigung eines Abbaus von 3000 Stellen in der Schweiz zeigt sich Pittet nicht sehr beunruhigt. Man müsse bescheiden bleiben, aber die Sorge für den Finanzplatz Genf sei überschaubar. Die Angestellten würden an der «Front» arbeiten. Das heisst aus dem Bankjargon übersetzt: Es handelt sich bei den Genfer UBS- und CS-Angestellten um Kundenberater und Vermögensverwalter.
Diese verfügen über einen Kundenstamm und erwirtschaften eine hohe Wertschöpfung. Vor allem aber komme es bei der Fusion in diesem Bereich kaum zu Doppelspurigkeiten, sagt Pittet. Das sei eher bei der Verwaltung, der Informatik oder dem Management der Fall, aber diese Bereiche seien in Zürich konzentriert.
Ich verspüre keine Schadenfreude, der ganze Schweizer Finanzplatz hat unter dieser Affäre gelitten.
Kommt hinzu, dass die Genfer Finanzinstitute auch von anderen florierenden Wirtschaftszweigen in Genf profitieren: dem Rohstoffhandel und den Reedereien. Obwohl der Bankenplatz Genf glimpflich davonkommen könnte, sagt Edouard Cuendet, Direktor von «Genève Place Financière»: «Ich verspüre keine Schadenfreude, der ganze Schweizer Finanzplatz hat unter dieser Affäre gelitten.»
Wenn Genf aber weniger betroffen ist als Zürich, leidet dann die Deutschschweizer Wirtschaftsmetropole? Nein, sagt Christian Bretscher vom Verband Bankenplatz Zürich, der die Banken und Versicherungen vertritt. Auch seiner Ansicht nach ist Genf weniger stark betroffen vom Stellenabbau.
Aber in Zürich gingen diese Arbeitsplätze in einem Finanzplatz verloren, der insgesamt 97'000 Arbeitsplätze habe, und der unter einem sehr starken Mangel an Fachkräften leide. «Wir gehen davon aus, dass die Arbeitsplätze, die hier verloren gehen, sehr schnell in anderen Unternehmen kompensiert werden», sagt Bretscher.
Russland-Sanktionen kein grosses Thema in Genf
Ebenfalls keine grossen Sorgen bereiten in Genf die Massnahmen gegen sanktionierte Personen aus dem Umfeld des russischen Präsidenten Wladimir Putin, deren Gelder als Folge des Kriegs in der Ukraine gesperrt wurden. In der Schweiz sind 7.5 Milliarden Franken gesperrt. Wie viel auf welchen Bankenplatz fällt, das präzisiert das zuständige Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) auf Anfrage von SRF News nicht. Auch die Stiftung «Genève Place Financière» macht dazu keine weiteren Angaben.
In einer Umfrage zur Konjunktur gaben die Banken jedoch an, dass die Sanktionen nur eine mittlere bis schwache Wirkung auf sie hätten. Cuendet sieht den Grund dafür bei der Ausrichtung des Genfer Finanzplatzes. Dieser habe die lateinischen Länder Europas sowie den Mittleren Osten im Fokus. Das habe eine lange Tradition. Früher hätten auch ganze Familien wie jene des Königs von Saudi-Arabien in Genf Ferien gemacht. Sie hätten die Stabilität der Schweiz geschätzt. Daraus hätten sich gute Geschäftsbeziehungen entwickelt. Dementsprechend sehen die Genfer Banken der Zukunft positiv entgegen.