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Industrielle Lachszucht in Norwegen: Mit Lasern gegen Parasiten
Aus Wirtschaft vom 24.07.2024. Bild: Imago/Ingimage
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Findige Fischzüchter «Wie Star Wars unter Wasser»: Der Kampf gegen Lachsläuse

Parasiten sind eine altbekannte Plage in norwegischen Lachsfarmen. Nun sollen ihnen Roboter und Laser den Garaus machen.

Kein Fisch landet so oft auf Schweizer Tellern wie der Lachs. Zum grössten Teil stammt er aus Aquakulturen in Norwegen. Dort ist die Lachszucht der zweitwichtigste Wirtschaftszweig – nur mit Erdöl wird in dem skandinavischen Land mehr Geld verdient. Wie das «Wall Street Journal» vorrechnet, kommen auf jeden Menschen in Norwegen 90 Lachse. In den Farmen entlang der Fjorde schwimmen 500 Millionen Exemplare des beliebtesten Speisefischs der Welt.

Doch er hat einen altbekannten Feind: die Lachslaus. In den norwegischen Zuchten werden die Fische zu Tausenden zusammengepfercht – der perfekte Nährboden für die marinen Parasiten. Sie fressen die Lachse bei lebendigem Leib, schliesslich sterben sie an den Wunden und Infektionen.

Norwegische Lachsfarmen in der Kritik

Tierschutzorganisationen kritisieren die industrielle Lachsproduktion schon lange. Auch, weil einige der Fische aus den schwimmenden Käfigen entkommen und dann Wildlachse mit den Läusen anstecken. Dazu stehen die Zuchtlachse in den engen Käfigen unter hohem Stress und greifen sich auch gegenseitig an.

«Die Aquakulturen belasten auch die norwegischen Fjorde», erklärt SRF-Wirtschaftsredaktor Pascal Lago. «Das Meer wird durch umweltschädliche Rückstände der Netze und Fischfutterreste übersäuert.» Zudem vermehren sich die Zuchtlachse mit den Wildlachsen und schwächen so die freilebende Population.

Moderne Technik gegen altes Problem

Jeder fünfte Fisch verendet während der Aufzucht – ein beträchtlicher Teil fällt den Parasiten zum Opfer. Das bedeutet grosse finanzielle Einbussen für die Betreiber der Lachszuchten. Norwegische Fischfarmer versuchen nun, den Parasiten mit modernster Technik den Garaus zu machen: nämlich mit Unterwasser-Robotern und Lasern. «Es ist ein wenig wie Star Wars unter Wasser», beschreibt Lago das Verfahren.

Die KI-gesteuerten Roboter scannen die vorbeischwimmenden Lachse und filtern die Exemplare heraus, die von den Parasiten befallen sind. Wie bei der Gesichtserkennung auf dem Handy werden die Läuse dann lokalisiert – und mit Laserstrahlen beschossen und getötet. Die Fische kommen nicht zu Schaden. Ihre Schuppen reflektieren die ultrapräzisen Impulse, die auch beim Augenlasern beim Menschen eingesetzt werden.

Die Technologie wurde 2012 von der norwegischen Firma Stingray Marine Solutions entwickelt und über die Jahre verfeinert. Zunächst wurde sie von den Lachsfarmern als Science Fiction abgetan. Nun erfreut sie sich aber immer grösserer Beliebtheit.

Wildlachs, gefangen in Island.
Legende: Die industrielle Lachszucht ist zwar hochumstritten. Von der neuartigen Bekämpfung der Parasiten profitieren aber auch Wildlachse, weil sie dadurch weniger oft von den Läusen befallen werden. Getty Images/Sterling Lorence

Die industrielle Lachszucht ist ein Milliardenbusiness. Um die Ausfallrate in der Aufzucht zu verringern, greifen die Fischfarmer tief in die Tasche. Ein Lasergerät kostet laut dem «Wall Street Journal» rund 40'000 Franken; eine grosse Lachszucht braucht etwa 80 davon. «Das ist zwar sehr teuer», sagt Lago. Doch die Investition dürfte sich lohnen: «Norwegen exportiert jährlich Lachse im Wert von rund neun Milliarden Franken. Und je mehr Fische überleben, umso lukrativer ist das Geschäft.»

Norwegischer Zuchtlachs löst Hungerkrise aus

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Legende: Fischmarkt in Senegal. Keystone/AP/Leo Correa

Wie die «Financial Times» berichtet, hat die industrielle Lachsproduktion bislang kaum beachtete Folgen: Sie führt zu einer Hungerkrise in ärmeren Weltregionen. In nordwestafrikanischen Ländern wie Senegal und Mauretanien sind Sardinen die wichtigste Proteinquelle. Ein beträchtlicher Teil der Fische wird aber in den norwegischen Aquakulturen an Lachse verfüttert, wie SRF-Wirtschaftsredaktor Pascal Lago ausführt. «Jedes Jahr werden aus Nord- und Westafrika über eine halbe Million Tonnen Fisch exportiert. Damit könnte man 33 Millionen Menschen pro Jahr ernähren.» Auch in Indien, Vietnam oder Kenia hat der enorme Bedarf an Fischfutter Konsequenzen für die Menschen.

Die Sardinen vor der Küste Westafrikas werden so zu einem raren Gut – die lokalen Preise sind in den letzten Jahren massiv gestiegen. «Tausende Menschen wandern jedes Jahr aus nordwestafrikanischen Ländern aus, weil sie nicht mehr genug zu essen haben und sich den Fisch nicht mehr leisten können», sagt Lago.

Verantwortlich dafür zeichnen auch die lokalen Regierungen. Sie förderten über Jahre hinweg die Überfischung durch Firmen aus China und der Türkei. Diese verschifften das Fischmehl und Fischöl dann nach Norwegen. Dadurch wurden zwar auch Arbeitsplätze in der Region geschaffen – der Raubbau an den Fischbeständen sollte sich aber bitter rächen.

SRF 3, 24.07.2024, 17:40 Uhr ; 

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