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Wirtschaft Finma: «Libor stand nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit»

Patrick Raaflaub, Chef der Schweizer Überwachungsbehörde, sagt im Interview, warum die Manipulationen des Libors durch die UBS jahrelang unentdeckt bleiben konnten. Und ob seine Behörde einen Imageschaden erlitten hat.

Es hat sich herausgestellt, dass der Liborzinssatz jahrelang manipuliert wurde. Wieso hat die Schweizer Finanzmarktaufsicht   (Finma) nichts gemerkt?

Patrick Raaflaub, der Chef der Finma.
Legende: Chef der Überwachungsbehörde: Patrick Raaflaub Keystone

Patrick Raaflaub: Diese Fragen kann man sich in der Tat stellen. Keine der Aufsichtsbehörden hat von den Manipulationen, die ja offensichtlich bei vielen Banken abgelaufen sind, rechtzeitig etwas gemerkt. 

Wenn wir die Untersuchungen anschauen, dann hat sich gezeigt: Die UBS war schlecht organisiert. Die Zinshändler sassen zum Beispiel in den gleichen Räumen wie die Leute, die diesen Liborzinsatz ermittelt und nach London gemeldet haben. Da waren doch Interessenskonflikte offensichtlich, wenn man hingeschaut hätte?

Das ist in der Tat so. Die Trennung der Funktionen der Eingabe dieser Zinssätze war zu wenig gut und viel zu wenig konsequent von den Leuten getrennt, die ein Interesse daran haben konnten, diese Zinssätze zu manipulieren.

Hätte das die Finma nicht sehen müssen?

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Die Libor-Submissionen standen nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit der Finma. Die Liborzinssätze sind primär in der Verantwortung der englischen Überwachungsbehörden. Es ist so, dass wenn man risikoorientiert überwacht, dass man am falschen Ort hinschaut. Oder beziehungsweise irgendwo, wo man hinschauen müsste, zu wenig gründlich hingeschaut hat.

Diese Libor-Manipulationen sind ein riesiger Reputationsschaden für die UBS. Es geht aber auch um das Ansehen der Finma. Der heutige Leiter des Geschäftsbereichs Bankenüberwachung Mark Branson war früher der Chef der UBS Japan, also genau dieser Geschäftseinheit, die bei den Untersuchungen im Fokus stand. Branson trat bei den Untersuchungen in den Ausstand. Genügt das?

Wir haben wie jede Behörde klare Regeln, wann jemand in den Ausstand treten muss. Seit dem Bundesgerichtsurteil in Sachen Kundendaten haben wir diese noch verschärft. Wir haben auch schon den Anschein eines Interessenkonfliktes zu vermeiden.

Und daher ist es richtig, dass Mark Branson in dieser Sache zu dem Zeitpunkt, als wir ein formelles Verfahren eröffnet haben und als klar wurde, dass es einen Japan-Konnex gibt, in den Ausstand getreten ist. Zum Glück haben wir genügend kompetente, fähige Leute, die solche komplexen Verfahren durchführen können. Wir sind nicht auf den Einzelnen angewiesen, sondern wir sind eine Behörde, die sich den Ausstand einzelner Kadermitarbeiter oder gar Geschäftsleitungsmitglieder leisten kann.

Besteht denn bezüglich dieses Leiters der Grossbanken-Überwachung diese Anscheinproblematik nicht auf ewig?

Meiner Meinung nach überhaupt nicht. In keinem der Verfahren gab es irgendwelche Indizien oder Indikationen, dass Mark Branson von diesen Libor-Manipulationen gewusst hat oder in irgendeiner Art und Weise involviert war. Es gibt insofern auch überhaupt keinen Grund für uns, an der Integrität von Mark Branson zu zweifeln und auch keinen Grund, das als Belastung für ihn zu sehen.

Die Fragen stellte Barbara Widmer.

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