Die UBS bekennt sich schuldig und muss eine Rekordbusse von 1,4 Milliarden Franken bezahlen. Was heisst das nun für die UBS?
Barbara Widmer: Es ist einmal mehr ein riesiger Reputationsschaden für die UBS. Untersuchungen haben zum Beispiel gezeigt, dass die UBS schlecht organisiert war.
Im gleichen Handelsraum sassen beispielsweise die Zinshändler und die Leute, die diesen Libor-Satz berechnen und eingeben, beziehungsweise melden müssen. Das führte zu Interessenskonflikten. Die Händler haben von ihren Kollegen höhere oder tiefere Referenzzinsen verlangt und so ihre Handelspositionen begünstigt.
Weiter hat die Untersuchung gezeigt, dass die Risikokontrolle nicht funktioniert hat. Jahrelang wurde da manipuliert und gemauschelt, man hat nichts gemerkt. Das wirft ein schlechtes Licht auf die UBS.
Dieser Fall reiht sich ein in eine ganze Reihe von Skandalen, in die die UBS in den letzten Jahren verwickelt war. Man war US-Steuersündern behilflich, dann hat sich die UBS im Geschäft mit US-Schrottpapieren verzockt, sie musste vom Staat gerettet werden. Und dann kam der jüngste Fall, Adoboli, als die UBS Milliarden in den Sand setzte.
Rund anderthalb Milliarden Franken Busse zahlt auch eine UBS nicht aus der Portokasse. Wie sehr tut das der Bank weh?
Das tut weh. Die UBS wird im vierten Quartal einen Reinverlust von ungefähr 2,5 Milliarden verbuchen müssen, wegen diesen Zahlungen und Abschreibungen. Sie wird 2012 mit tiefroten Zahlen abschliessen.
Im Vergleich dazu: im letzten Jahr hat sie einen Gewinn von 4,2 Milliarden geschrieben. Die Gewinne und Verluste schwanken stark. Die UBS ist sicher nicht existenziell bedroht, aber die Busse tut weh.
Wie geht es nun weiter? Ist das Libor-Kapitel damit nun beendet?
Der Deal mit den US-Behörden ist abgeschlossen. Die UBS hat sich schuldig bekannt für diese Libor-Manipulationen bei der japanischen UBS-Tochtergesellschaft. Sie zahlt insgesamt 1,4 Milliarden Franken und muss Auflagen erfüllen, zum Beispiel regelmässige Meldungen machen. Dafür ist nun aber die Klage-Androhung, dass die US-Behörden gegen die UBS klagen, vom Tisch. Das wäre eine existenzielle Bedrohung gewesen.
Aber was noch nicht vom Tisch ist, sind mögliche zivilrechtliche Klagen von geprellten Anlegern. Die Sache ist für die UBS noch lange nicht ausgestanden. Und Konzernchef Sergio Ermotti hat heute Morgen in einem Mail an die Mitarbeitenden darauf hingewiesen, dass viele Kunden auf sie zukommen könnten, und dass sie dann wissen wollen, ob und wie sie allenfalls geschädigt worden sind.
Diese Libor-Manipulationen liefen ja über Jahre, die UBS-Chefs haben nichts bemerkt, die Bankenüberwacher offenbar auch nicht. Wie ist das überhaupt möglich?
Es gab offenbar Hinweise und Signale, dass nicht alles mit rechten Dingen zuging bei dieser Festsetzung des Libor-Zinssatzes. Trotzdem hat man bei der Bankenüberwachung nicht reagiert. Man hat die Dramatik nicht erkannt, hat nicht näher hingeschaut. Und vielleicht hat man sich auch nicht wirklich zuständig gefühlt für die Libor-Festsetzung, weil das eigentlich in London passiert. Aber es ist sehr peinlich für die Schweizer Bankenaufsicht. Noch peinlicher ist, dass der Verantwortliche für die Grossbankenüberwachung früher Chef war bei der UBS-Japan, genau der Unternehmenseinheit, die sich jetzt schuldig bekannt hat. Aber immerhin war er während dieses Verfahrens im Ausstand.
Das Gespräch führte Barbara Peter.