Der Flughafen London-Heathrow beschränkt die Anzahl Flugpassagiere auf 100'000 pro Tag. Grund für die bis am 11. September geltende Massnahme auf dem grössten europäischen Flughafen ist der Personalmangel. Angesichts der Kapazitätsprobleme vielerorts in Europa empfiehlt der Aviatik-Journalist Hansjörg Bürgi, besser erst für November wieder einen Flug zu buchen.
SRF News: Was bedeutet die Ankündigung der Flughafenverwaltung für die Passagiere?
Hansjörg Bürgi: Wer seinen Flug bereits gebucht hat und über Heathrow fliegt, sollte von der Beschränkung nicht betroffen sein. Es geht einzig darum, dass nicht noch mehr Flüge verkauft werden. So hofft der Flughafen Heathrow, den Flugbetrieb einigermassen geordnet aufrechterhalten zu können.
Könnten nicht die anderen fünf internationalen Flughäfen in und um London mithelfen, damit die Zahl der Passagiere nicht beschränkt werden müsste?
Das ist nicht so einfach. Heathrow ist der grösste Hub in Europa. Die meisten Passagiere, die dorthin fliegen, wechseln in Heathrow das Flugzeug, das sie weiterbefördert. Nur ein kleiner Teil der Passagiere bleibt in London.
Heathrow ist der grösste Hub in Europa.
Ausserdem sind die anderen Londoner Flughäfen von anderen Airlines, vor allem Billiggesellschaften, besetzt. So ist Easyjet in Luton aktiv oder Ryanair in Stansted. Beide bieten vor allem Punkt-zu-Punkt-Reisen an. London-Gatwick wiederum verfügt nur über eine Start- und Landepiste und ist damit sehr schnell an seiner Kapazitätsgrenze angelangt.
2018 flogen rund 80 Millionen Passagiere über Heathrow – welche Auswirkungen hat die jetzt verfügte Beschränkung im internationalen Luftverkehr?
Die sind eher klein, weil nur noch nicht gebuchte Flüge betroffen sind. Dafür müssen jetzt halt Alternativen gefunden werden, aber das ist durchaus möglich: Entweder man fliegt direkt, oder man fliegt über einen anderen europäischen Hub.
Auch die anderen europäischen Flug-Drehkreuze sind am Anschlag.
Allerdings sind die anderen Flug-Drehkreuze teils ebenfalls am Anschlag, wie etwa Amsterdam oder Frankfurt. Auf jeden Fall muss man genügend Reservezeit einplanen, um den Anschlussflug zu erwischen.
Die Flugbranche arbeitet wegen Personalmangels derzeit am Limit. Dabei gibt es Kritik: Etwa, dass Heathrow das Passagieraufkommen für den Sommer unterschätzt habe. Sind die Probleme demnach auch selbstverschuldet?
Die Probleme sind gerade in Grossbritannien teils hausgemacht – wegen des Brexits. Deshalb fehlt teilweise Personal aus dem EU-Raum. Zudem haben nicht nur die Flughäfen während der Pandemie zu viel Personal abgebaut, sondern auch die Fluggesellschaften.
Zahlreiche Flughäfen und Airlines in Europa – auch Zürich – bekunden Probleme. Soll man da in diesem Sommer überhaupt noch fliegen?
Es ist erfreulich, dass die Leute wieder fliegen wollen – sogar zu viel höheren Preisen als vor der Pandemie. Andererseits ist es natürlich weniger erfreulich, wenn die Fluggesellschaften und Flughäfen auf den Ansturm nicht vorbereitet sind. Deshalb würde ich tendenziell empfehlen, besser erst wieder im November oder im Winterhalbjahr weiter wegzufliegen. Bis dann sollte sich die Situation wieder etwas normalisiert haben – so hofft man zumindest.
Das Gespräch führte Yves Kilchör.