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Folgen des Handelskonflikts Für den Amazonas ist Chinas Hunger verheerend

Brasilien nutzt die Gunst der Stunde und liefert Soja nach China. Doch dafür wird der Regenwald abgeholzt.

Soja wird von Menschen gegessen und zu Biotreibstoffen verarbeitet. Vor allem aber wird Soja an Rinder und Schweine verfüttert. Soja kommt zu einem grossen Teil aus Brasilien. Mit einer Produktionsmenge von rund 100 Millionen Tonnen pro Jahr ist das südamerikanische Land der zweitgrösste Produzent von Sojabohnen weltweit, nach den USA. Grosses Interesse daran, Soja zu kaufen, hat China. Dessen wachsende Bevölkerung isst immer mehr Fleisch von Rindern und Schweinen.

China bezieht sein Soja woanders

Auf Grund des Handelsstreits fallen die USA für China als Sojalieferant derzeit aus. Nachdem die USA chinesische Waren mit Zöllen belegt haben, hat China als Vergeltung unter anderem die Zölle auf US-amerikanisches Soja um 25 Prozent erhöht. Und es sucht neue Lieferanten.

Grosse Auswahl habe China dabei nicht, stellt Richard Fuchs fest. Er untersucht am Karlsruher Institut für Technologie Agrar-Handelsströme. «Es gibt wenig Produzenten, die Handelsbeziehungen zu China führen, die im grossen Stil exportieren können. Da lag es nahe, dass Brasilien – gerade mit dem neuen Präsidenten Jair Bolsonaro – kurzfristig einspringen könnte, um diesen Bedarf zu decken.»

Freie Flächen sind nicht frei

Decken kann Brasilien diesen Bedarf, weil es freie Flächen hat für die landwirtschaftliche Produktion, wobei frei «im Amazonas-Regenwald» heisst.

Der brasiliansche Präsident Jair Bolsonaro will den Regenwald wirtschaftlich nutzen.
Legende: Der brasiliansche Präsident Jair Bolsonaro will den Regenwald wirtschaftlich nutzen. Keystone

Bolsonaro hat mehrfach klar gemacht, dass er die Interessen der Agrarindustrie höher stellt als den Schutz des Regenwaldes. Insgesamt könnte die Fläche, auf der in Brasilien Soja angebaut wird, in den nächsten Monaten um 39 Prozent zunehmen, der Regenwald aber so stark in Mitleidenschaft gezogen werden wie noch nie, warnt Richard Fuchs.

Erste Anzeichen dafür gebe es bereits: «Wir haben gesehen, dass in China mit dem Fortschreiten des Handelskrieges Ausfälle aus den USA fast zu 100 Prozent aus Brasilien gedeckt werden.»

USA nicht mehr verlässlicher Partner

Die Hoffnung, dass die bedrohten Amazonasflächen noch gerettet werden können, sind dabei äusserst gering. Auch wenn – was zurzeit wenig wahrscheinlich scheint – der US-chinesische Handelsstreit demnächst beigelegt würde, werde China weiter auf Brasilien setzen: «Die Chinesen sind mit dem Start des Handelskrieges auch stark vor den Kopf gestossen worden. Handel basiert weitestgehend auf Vertrauen. Das wurde hier untergraben.»

Aus chinesischer Sicht könne man sich längerfristig nicht mehr auf die USA verlassen. «In den USA zählen innenpolitische Themen mehr als die Handelsbeziehungen zu China», so Fuchs.

Diese Fläche wurde für den Sojaanbau gerodet.
Legende: Diese Fläche wurde für den Sojaanbau gerodet. Reuters

Der Amazonas-Regenwald ist aufgrund seiner einzigartigen Artenvielfalt und seiner riesigen Kapazität, klimaschädliches CO2 aufzunehmen, von grosser Bedeutung für die Region und die ganze Welt. Fuchs und seine Co-Autoren fordern von China, den USA, Brasilien und der gesamten internationalen Gemeinschaft dringend strengere Kontrollmechanismen zum Schutz des Regenwaldes.

Aber auch die Konsumenten in Europa, dem zweitgrössten Abnehmer von brasilianischem Soja müssten sich bewusst werden, welche Folgen ihr Fleischkonsum habe, sagt Fuchs.

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