Diese Woche platzte UNO-Generalsekretär António Guterres der Kragen: Er forderte die UNO-Staaten auf, die übermässigen Gewinne der Energiekonzerne zu besteuern, um damit die ärmeren Haushalte zu unterstützen: «Die groteske Gier der Erdölkonzerne bestraft die ärmsten Menschen und bedroht den ganzen Planeten.»
Mehrere Länder haben bereits damit begonnen, die hohen Konzerngewinne zusätzlich zu besteuern. Grossbritannien, Spanien und Italien etwa. Deutschland debattiert darüber, und auch in der Schweiz hat die Diskussion begonnen.
Gerecht – aber wie berechnen?
Er habe ein gewisses Verständnis für diese Forderung, sagt Ökonom Jan-Egbert Sturm, Leiter der Konjunkturforschungsstelle der ETH Zürich: «Aus der Gerechtigkeitsperspektive, die hier sehr stark den Ton bestimmt, kann man sagen: Manche Firmen haben mit Glück einen so grossen Gewinn gemacht und hier könnte oder müsste ein bisschen abgeschöpft werden.»
Aber aus rein ökonomischer Sicht sei er skeptisch, sagt Sturm: Es wäre zum Beispiel schwierig zu entscheiden, welche Unternehmen überhaupt eine solche Übergewinnsteuer bezahlen müssten: «Welcher Gewinn gerecht ist und welcher nicht, ist kaum oder gar unmöglich identifizierbar. Das würde auch Fehlanreize mit sich bringen, die sehr stark ausgeprägt sein könnten.»
Ein wichtiges Signal
Denn die derzeit sehr hohen Preise für Erdöl, Gas und Kohle seien nicht per se ungerecht – im Gegenteil, denn sie setzten ein wichtiges ökonomisches Signal, erklärt Sturm: «Momentan ist Energie halt eben teurer als früher. Die muss auch teuer sein, weil das Angebot nicht mithalten kann und wir die Nachfrage senken müssen.» Konfrontiert mit höheren Preisen gehe man sorgfältiger mit dem Budget um und sei weniger schnell bereit, diese Produkte weiterhin zu kaufen.
Progression als bessere Lösung?
Doch auch Sturm findet es sinnvoll, dass der Staat ärmeren Haushalten nötigenfalls unter die Arme greift. Eine Lösung sieht er allerdings nicht in einer eigens eingeführten Übergewinnsteuer. Sinnvoller wäre nach seiner Einschätzung eine Abstufung bei der Gewinnsteuer: Wenn also der Gewinn ein gewisses Niveau übersteigt, soll die entsprechende Firma in eine höhere Steuerkategorie kommen.
Eine Progression also, wie sie bei den Einkommenssteuern geläufig ist und wo höhere Einkommen überproportional stark besteuert werden. Allerdings: Im Gegensatz zu einer kurzfristigen Sondersteuer auf Übergewinne könnte eine grundlegende Neuregelung bei den Unternehmensgewinnsteuern nicht von heute auf morgen eingeführt werden.
Glencore schweigt zum Thema
Und so wird auch der Rohstoffkonzern Glencore wohl auch in diesem Jahr seine ausserordentlich hohen Gewinne zum normalen Tarif versteuern müssen. Glencore wollte auf Anfrage von SRF zum Thema Gewinnsteuern keine Stellung nehmen. Bei Glencore gibt man auch nicht bekannt, wie viel Steuern man heute in der Schweiz auf Bundesebene und im Kanton Zug bezahlt.