Worauf haben sich die G7-Finanzminister verständigt? Herzstück der weltweiten Steuerreform soll eine globale Mindeststeuer für Grosskonzerne von mindestens 15 Prozent sein. Damit wurde erstmals eine konkrete Höhe vereinbart. Technisch würde die Mindeststeuer auf Gewinne im Ausland anfallen. Jede Regierung könnte zwar noch ihre eigenen Sätze festlegen. Zahlt ein Konzern im Ausland aber weniger, könnte das Heimatland des Unternehmens die Differenz zur Mindeststeuer verlangen.
Wie ist die Idee entstanden? Multinationale Konzerne haben immer grössere Teile ihres Gewinns aus Patenten, Software oder Lizenzeinnahmen, die auf geistigem Eigentum basieren, in Steueroasen verlegt. Sie zahlen so vergleichsweise wenig Steuern – oft deutlich weniger als kleine und mittelständische Firmen.
Wer verliert bei der bisherigen Praxis? Vielen Staaten mit durchschnittlichen oder höheren Unternehmenssteuern entgehen Einnahmen. Auch viele Schwellenländer fordern Änderungen. Denn China, Brasilien und Indien sind riesige Märkte, wo gigantische Umsätze erzielt werden – die Steuern aber woanders anfallen.
Wer profitiert? Der Deal ist für die USA ein voller Erfolg. Die neue Steuerlogik richte sich nicht nur gegen Digitalkonzerne, von denen die grössten ihren Sitz in den USA haben. Ausserdem wird nur gegen die grössten und profitabelsten Firmen vorgegangen. Und auch die EU könnte profitieren: Einer Studie zufolge dürften ihr zusätzlich 50 Milliarden Euro durch die Mindeststeuer zufliessen.
Und die Schweiz? Kommt die Reform durch, dürfte dies zu einer Steuerharmonisierung führen. Derzeit sind die Unternehmenssteuersätze in den Kantonen sehr unterschiedlich angesetzt – zahlreiche haben einen Steuersatz unter 15 Prozent. Durch die neue Regelung würde der kantonale Steuerwettbewerb kleiner, sagt Wirtschaftsprofessor Jan-Egbert Sturm der «SonntagsZeitung».
Ökonomieprofessor Christoph Schaltegger sieht «eine gewisse Gefährdung» für jene Kantone, die sich wettbewerbsfähig positioniert haben. «Sie müssten die Steuern erhöhen», sagte er gegenüber SRF News.
Laut dem Staatssekretariat für internationale Finanzfragen (SIF) wäre eine globale Mindeststeuer innovations- und wachstumshemmend. Es geht davon aus, dass eine solche der Schweiz Verluste bei der Gewinnsteuer bringen würde.
Ist das die Lösung für Steuerungerechtigkeit? Da herrscht Skepsis. «Es ist absurd, dass die G7 behaupten, ein kaputtes globales Steuersystem zu überarbeiten, indem sie eine weltweite Mindeststeuer aufsetzen, die den niedrigen Steuersätzen in Steueroasen wie Irland, der Schweiz oder Singapur ähnlich ist», sagt zum Beispiel die Geschäftsführerin der Entwicklungsorganisation Oxfam International.
Ausserdem sind 15 Prozent ein Kompromiss. Die USA hatten zuvor einen Satz von 21 Prozent vorgeschlagen. Bei dieser vergleichsweise niedrigen Schwelle besteht die Hoffnung, dass die Gegner das Vorhaben nicht zum Kippen bringen. Anderen sind 15 Prozent zu wenig: So hat Frankreich angekündigt, dass es für einen höheren Satz kämpfen will.
Wie geht es weiter? Die G7-Vereinbarung muss nun im G20-Kreis mit den wichtigsten Schwellenländern Bestand haben und auch in ganz Europa zum Konsens werden. Im Juli treffen sich die G20-Staaten in Venedig. Dann dürfte sich zeigen, ob die G7-Einigung die Zustimmung der Schwellenländer findet.