Das BAG hat mit dem Schweizer Biotech-Unternehmen Molecular Partners, das an einem Covid-19-Medikament forscht, einen Vertrag abgeschlossen. Sollte das Medikament, das sich noch in frühen Tests befindet, zugelassen werden, erhält die Schweiz zuerst Zugang dazu. Das lässt sie sich ein paar Millionen kosten.
Für den Bund ist der Vertrag eine Wette: Molecular Partners hat noch kein einziges Produkt auf dem Markt. Ein Augenmittel der Firma wollte die US-Gesundheitsbehörde nicht zulassen.
Ein Risiko für den Staat
Nicht ungewöhnlich: Rund 40 Prozent der Medikamente, die es bis in die letzte klinische Phase schaffen, scheitern bei der Zulassung. Bei solchen am Anfang der klinischen Entwicklung werden fünf Prozent zugelassen. Biotech-Firmen sind deshalb nichts für Risikoscheue. Trotzdem sieht der Bund Potenzial in diesem Medikament und geht das Risiko ein.
Der Staat übernimmt in der Krise grosse wirtschaftliche Risiken und kann sie gut schultern. Staatliches Geld für Forschung und Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten ist deshalb per se nichts Anrüchiges. Stossend wird es erst, wenn sich Investoren durch Staatsgeld angeschobene Aktienkurse eine goldene Nase verdienen. Stossend wird es, wenn die Allgemeinheit die Risiken und die Kosten trägt, während die Gewinne von Wenigen eingesackt werden.
Molecular Partners ist schon die zweite Biotech-Firma, mit der der Bund in der Coronakrise einen Vertrag abschliesst. So unterschrieb das Bundesamt für Gesundheit einen Vertrag über 4,5 Millionen Impfdosen mit dem US-Biotech Moderna. Auch hier ist das Risiko eines Reinfalls nicht ausgeschlossen.
Weniger Risiko für die Besitzer
Die Bekanntgabe von staatlichen Millionen für die Corona-Forschung oder staatlichen Abnahmeverträgen haben Börsenkurse vieler Biotech-Firmen in ungeahnte Höhen getrieben und manche Investoren sehr reich gemacht. Die Aktie der US-Biotechfirma Novavax legte seit Jahresbeginn unglaubliche Viertausend Prozent zu. Auch hier war entscheidend, dass die US-Regierung Milliardenunterstützung für das Unternehmen zusagte.
Moderna, Novavax oder Molecular Partners setzen schon seit Jahren auf neue, experimentelle Technologien. Nur recht und billig, dass die Besitzer von ihrer Risikolust profitieren, lautet ein Argument. Bloss gehört auch dazu, dass die Firmen in der jetzigen Situation davon profitieren, dass sie in noch frühem Entwicklungsstadium ihrer Wirkstoffkandidaten Regierungsgelder anlocken können. Die Risiken für die Firmen und ihre Besitzer werden durch das Staatsengagement in diesem Stadium deutlich reduziert.
Gut und richtig, wenn Staaten die Forschung und Entwicklung von Impfstoffen und Medikamenten unterstützen. Auch die Schweiz tut gut daran. Sicherstellen muss sie aber, dass die Impfstoffe und Medikamente, die sie mit ihren Zahlungen erst ermöglicht, im Falle eines Erfolgs zu fairen Preisen bereitgestellt werden. Und im besten Fall nicht nur in der Schweiz, sondern auch in Ländern, die sich solche Deals schlicht nicht leisten können.