Darum geht es: Die Europäische Union, die USA, China und auch Japan buhlen darum, dass sich sogenannte grüne Industriezweige auf ihren Gebieten ansiedeln. Die USA wollen fast 370 Milliarden Dollar an Subventionen und Steuererleichterungen für Unternehmen im Bereich grüner Technologien zur Verfügung stellen. Auch China und Japan haben Investitionen in dreistelliger Milliardenhöhe angekündigt.
Die Befürchtung in der EU: Unternehmen und damit auch Arbeitsplätze könnten aus Europa abwandern, wenn nicht auch die EU in dieses Industrieförderwettrennen einsteigt. Nun hat die EU-Kommission erste Vorschläge zur Förderung der Industrie präsentiert.
Das will die EU-Kommission: Aus Sicht der EU-Kommission müssen hunderte Milliarden Euro für klimafreundlichere Technologien bereitgestellt werden. Dafür soll unter anderem bereits gesprochenes Geld, etwa aus dem Corona-Wiederaufbaufonds, umgeschichtet werden. Wie viel Geld es aus ihrer Sicht dafür genau braucht, liess Ursula von der Leyen am Mittwoch an ihrer Pressekonferenz in Brüssel offen. Aber es dürfte insgesamt um mehrere hundert Milliarden Euro gehen.
Unter anderem schlägt die Kommission vor, die relativ strikten EU-Regeln für Subventionen zu lockern: Staatliche Beihilfen für die klimaneutrale Industrie sollen bis Ende 2025 leichter möglich sein. Vor allem finanzkräftige EU-Staaten dürften davon profitieren
Zur Unterstützung finanzschwacher EU-Staaten könnte Geld aus einem sogenannten Souveränitätsfonds fliessen. Die Schaffung eines solchen schlägt die EU-Kommission ebenfalls vor. Die Pläne sind aber erst vage. Bis Mitte Jahr soll ein konkreter Vorschlag auf dem Tisch liegen. Unklar ist, wie gross dieser Fonds sein soll und woher das Geld dafür kommt.
Die umstrittenen Punkte: Kritiker von lockereren Subventionsregeln befürchten, dass davon vor allem grosse Länder wie Deutschland oder Frankreich profitieren, da diese mehr Geld als kleine Staaten investieren könnten. Das könnte dazu führen, dass es nicht nur zwischen den USA, China und der EU zu einem Wettlauf um die Ansiedlung von Cleantech-Unternehmen kommt, sondern dass dieser auch innerhalb der EU zwischen den einzelnen Mitgliedstaaten verstärkt wird. Es droht eine Verzerrung des europäischen Binnenmarkts.
Zwar könnte ein europäischer Solidaritätsfonds solchen Verzerrungen entgegenwirken. Die Finanzierung eines solchen Fonds ist aber noch umstrittener. Eine Möglichkeit wäre, dass die Staaten ihre Beiträge ans EU-Budget erhöhen. Vor allem aber steht die Idee im Raum, einen solchen Fonds durch die Aufnahme gemeinsamer EU-Schulden zu finanzieren – so wie es die EU beim Corona-Wiederaufbaufonds getan hat. Allerdings war die Aufnahme gemeinsamer Schulden für viele EU-Staaten lange ein Tabu, sie wollen dieses Tabu nicht schon wieder brechen. Es ist daher sehr fraglich, ob die Aufnahme neuer Schulden die Zustimmung der Mitgliedstaaten finden würde.
So geht es weiter: Ende kommender Woche werden sich die Staats- und Regierungschefs am EU-Gipfel in Brüssel ein erstes Mal mit den Vorschlägen der Kommission auseinandersetzen. Im Lauf des März will die EU-Kommission dann konkrete Gesetzesvorschläge auf den Tisch legen. Auch darüber müssen dann wieder die Mitgliedstaaten beraten. Die grosse Diskussion darüber, wie der sogenannte Souveränitätsfonds finanziert werden könnte, dürfte dann in den Monaten danach folgen.