So direkt spürt man es nicht, wenn man im Stau steht: Gefühlt sind die Lastwagen überall, die rechte Spur ist voll, am Gubrist, auf der A1 im Raum Bern und Solothurn, in der Romandie in Richtung Genf. Rein wirtschaftlich gesehen sind viele Lastwagen ein gutes Zeichen: Es wird produziert, es wird exportiert, die Wirtschaft brummt. Die Arbeitslosigkeit ist tief, die Job-Portale sind voll mit Angeboten.
Doch jetzt die Nachricht vom Bundesamt für Statistik in Neuenburg: 2023 sind die Transporte im Güterverkehr in der Schweiz deutlich zurückgegangen, auf der Strasse wie auch auf der Schiene – um etwa 6 Prozent. Beim Schwerverkehr auf der Strasse wurde damit der tiefste Wert seit 2007 verzeichnet. Es wird also weniger transportiert, weniger exportiert. Wir wissen seit ein paar Tagen: Das Wachstum in der Schweiz ist schwach, im dritten Quartal stieg das Bruttoinlandprodukt um nur 0.2 Prozent. Es droht zwar keine Rezession wie in Deutschland – aber so richtig aufwärts geht's eben auch nicht.
Banger Blick nach Deutschland
Wenn Deutschland hustet, sagt man, bekommt die Schweiz die Grippe. Und Deutschland hustet derzeit gewaltig, es geht schon in Richtung «starke Erkältung». Fast täglich Hiobsbotschaften aus der Industrie: Der Stahlkonzern Thyssen Krupp will 5000 Jobs abbauen, Volkswagen ist in einer massiven Krise, BMW auch. Jeden Tag Gewinnwarnungen, Werkschliessungen. Zulieferer wie Bosch planen ebenfalls mit weniger Leuten, auch der Getriebe-Hersteller ZF in Friedrichshafen gleich ennet dem Bodensee kündigte kürzlich an: Wir werden reduzieren. Das alles hat massive Auswirkungen auf die Schweizer Wirtschaft, auf all jene, die Autoteile liefern – oder in anderen Branchen vom früheren Wirtschaftsmotor Deutschland abhängig sind.
Gleichzeitig hat Deutschland derzeit keine funktionierende Regierung, Kanzler Scholz wird sich in den nächsten Wochen bis zum 23. Februar voll auf den Wahlkampf konzentrieren. Gemeinsam zieht da niemand mehr am Strick, an dem Deutschland hängt. Man kümmert sich in Berlin um sich selbst statt um eine zerbrechende Wirtschaft, welche laut um Hilfe schreit – und sich alleingelassen fühlt.
Banger Blick nach Washington
Und dann: die USA. Im Januar wird Donald Trump als Präsident vereidigt – und seine «America First»-Politik wird wichtigen Teilen der Schweizer Wirtschaft auch nicht helfen. Einfuhrzölle in verschiedenen Bereichen sind im Gespräch. Und wenn's nicht die Schweiz direkt trifft, dann sicher unter anderem die deutschen Autobauer, welche zwar planen, ihre Produktion in die USA zu verlegen, um die Zölle zu umgehen. Aber ob es hilft? Und: Ob die Schweizer Zulieferer da weiter zum Zug kommen – fraglich.
Es weht also ein rauer Wind von fast überallher direkt in die Werkhallen der Schweizer Firmen. In der Schweiz sollten die Güterwagen rattern, Lastwagen Kilometer abreissen – stattdessen hallt die Stille auf der Autobahn dröhnend durch die Köpfe der Schweizer Unternehmerinnen und Unternehmer.