Der Markt von nachhaltigen Anlagen boomt. In den letzten zehn Jahren ist aus der Idee von ein paar wenigen Mainstream geworden. Allein in der Schweiz ist das Volumen von 40 auf fast 2000 Milliarden gewachsen. Doch je grösser der Markt, desto grösser auch das Feld der Kritikerinnen und Kritiker.
Den einen geht das alles viel zu langsam. Klimaschützer werfen den Investoren Greenwashing vor. Andere bezweifeln, dass grün und rentabel gleichzeitig möglich sind. Jetzt, wo Unternehmen, die mit Kohle, Öl und Gas geschäften, wieder hohe Renditen abwerfen.
«Phase des Bekämpfens»
Mirjam Staub-Bisang befasst sich seit Jahren mit nachhaltigen Anlagen. Heute als Schweiz-Chefin von Blackrock, dem grössten Vermögensverwalter der Schweiz. Vor zehn Jahren seien nachhaltige Anlagen noch ein Nischenthema gewesen.
«Wie es der Philosoph Schopenhauer so gut gesagt hat: Ein neuer Gedanke wird zuerst verlacht, dann bekämpft und irgendwann gilt er als selbstverständlich. Jetzt sind wir in der Phase des Bekämpfens», sagt Staub-Bisang.
Klimarisiken sind Anlagerisiken.
Bekämpft wird Blackrock – wie andere grosse Investoren derzeit – unter anderem von US-Bundesstaaten wie Texas. Blackrock und andere würden mit ihren Nachhaltigkeitsbemühungen texanischen Unternehmen der Öl- und Gas-Industrie das Leben schwer machen, argumentiert die Regierung des Bundesstaats. Deshalb werde sie die Zusammenarbeit mit Blackrock beenden.
Staub-Bisang will sich davon nicht beirren lassen: «Wir nehmen diese Kritik sehr ernst. Letztendlich haben wir aber eine klare Überzeugung: Klimarisiken sind Anlagerisiken – hier können wir nicht von unserem Kurs abweichen.» Den Kurs weiterverfolgen, heisst aber nicht, dass Blackrock möglichst schnell aus allen klimaschädlichen Unternehmen aussteigt.
Harsche Kritik von Klimaschützern
Das gehe gar nicht und sei überdies nicht sinnvoll, betont die Blackrock-Schweiz-Chefin: «Wenn wir diese Unternehmen abstossen, sind sie ja nicht verschwunden und der CO2-Ausstoss hat sich nicht reduziert. Irgendwann kommt der Punkt, an dem die Gruben geschlossen und die Ölquellen stillgelegt werden müssen.» Heute befinde man sich aber in einer Übergangsphase. «Netto-Null» sei schliesslich für 2050 avisiert.
Diese Haltung stösst nicht erst seit kurzem auf harsche Kritik von Klimaschützern. Der Versuch, Einfluss zu nehmen, dauere zu lange und sei oft reines Greenwashing. Finanzinvestoren müssten sich aus klimaschädlichen Unternehmen zurückziehen, fordern sie.
Investoren sind aufgewacht und haben gemerkt: Nicht alles, was glänzt, ist Gold – nicht alles, was als nachhaltig angeschrieben ist, ist nachhaltig.
Sabine Döbeli, die Geschäftsführerin des Verbands Swiss Sustainable Finance, der sich für einen nachhaltigen Finanzplatz einsetzt, widerspricht. Sie räumt aber ein: «Es braucht mehr Transparenz darüber, was die Ziele verschiedener nachhaltiger Anlagen sind – samt Messgrössen, die diese Wirkung belegen. Sei das auf der Ebene von Firmen, Portfolios oder des Gesamtmarkts.»
Dem stimmt Alexander Wagner zu. Der Finanzprofessor an der Universität Zürich ist überzeugt, dass der Markt der nachhaltigen Anlagen den aktuellen Härtetest überlebt.
Wagner glaubt aber nicht, dass das Wachstum so weiter geht wie bisher: «An manchen Stellen wurde übertrieben. Investoren sind aufgewacht und haben gemerkt: Nicht alles, was glänzt, ist Gold – nicht alles, was als nachhaltig angeschrieben ist, ist nachhaltig.» Es werde zu einer Konsolidierung kommen, glaubt Wagner – und das sei auch gut so.