So steht die CS finanziell da: Faktisch in Zahlen steht es nicht so schlecht um die CS. «Theoretisch hätte die Bank noch für zwei Jahre Geld, auch wenn sie weitere Verluste macht», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Philippe Erath. Das Eigenkapital-Polster ist robust. Doch wenn Kundinnen und Kunden wegen fehlenden Vertrauens in die CS weiterhin Geld abziehen, sei die Bank bald pleite. Deshalb stellte die Schweizer Nationalbank (SNB) ein Darlehen in der Höhe von 50 Milliarden Franken zur Verfügung.
Das erhält die CS jedoch nicht gratis – die SNB bekommt laut SRF-Wirtschaftsredaktor Reto Lipp Top-Hypotheken der Bank als Sicherheit und verlangt dafür einen Zins. «Das ist ein trauriger Tag für die Schweiz: Die Nationalbank hat zum zweiten Mal innerhalb von 15 Jahren eine schweizerische Grossbank gerettet», sagt Lipp.
Deshalb muss die SNB helfen: Eine Aufgabe der SNB ist es, die Stabilität des Finanzsystems zu garantieren. Für Wirtschaftsrechtsprofessor Peter V. Kunz hätte es wegen der Verunsicherung bei der CS und generell in der Bankenszene keine Alternative gegeben. Die Finanzmarktaufsicht Finma hat die CS wegen ihrer Bedeutung für die Schweizer Wirtschaft als «too big to fail» eingestuft. Das bedeutet, dass sie aufgrund ihrer Grösse und Vernetzung mit dem Finanzsystem und der Volkswirtschaft nicht vom Staat fallen gelassen werden kann.
Wenn bei einer Bank interveniert werden müsse, sei dies jedoch mittelfristig kein gutes Zeichen, so Kunz. «Das Problem der CS ist nicht nur hausgemacht, sondern ergibt sich aus einer akuten Finanz- und Bankenkrise dieser Tage.»
Darum betrifft es die ganze Bankenszene: Laut Kunz hat die CS aktuell die Probleme, weil sie bereits angeschlagen ist. «Rein nach Entwicklung könnte es aber generell die Bankenszene treffen.» So wurde letzte Woche die Silicon Valley Bank geschlossen. Zudem waren neben den CS-Aktien auch die UBS- und Julius-Bär-Bank-Aktien abgestürzt. «Deshalb erachte ich das momentan nicht als ausschliessliches CS-, sondern als generelles Bankenproblem, das sich einfach akzentuiert bei der CS.»
Das sind die Parallelen zum Rettungsschirm der UBS: 2008 wurde die UBS mit 60 Milliarden Franken der Nationalbank, dazu sechs Milliarden vom Bund als Wandelanleihen, gerettet. Doch bei der UBS gab es laut Kunz kein Liquiditäts-, sondern ein Kapitalproblem. «Bei der CS ist der Fall nicht vergleichbar, weil die Finanzsituation und die Kapitalisierung eigentlich gut sind.» Die CS habe einfach Fehler gemacht und das Vertrauen verspielt.
Diese Folgen hat der CS-Fall für die Pensionskassen: Pensionskassen müssen ihre Renditen in unterschiedlichen Märkten erzielen – auch am Aktienmarkt. «Im Schnitt investieren Pensionskassen rund 12 Prozent ihres Anlagevolumens in Aktien von Schweizer Unternehmen», sagt SRF-Wirtschaftsredaktor Pascal Schumacher. Die wichtigsten werden im Swiss Market Index abgebildet, auch die Credit Suisse gehört dazu. Wirklich bedeutsam seien aber vor allem Schwergewichte wie Nestlé, Novartis und Roche. Dennoch: «Die Entwicklung der CS wird ihre Spuren hinterlassen, nicht nur, weil der Unternehmenswert der Bank sinkt, sondern weil eine negative Entwicklung einer so grossen Bank auch auf andere Wirtschaftszweige Einfluss haben kann.»
Das bedeutet die CS-Entwicklung für den Bankenplatz Schweiz: «Generell leiden alle Banken unter der CS-Misere», sagt Schumacher. Das betreffe nicht nur die Aktienkurse, die in Mitleidenschaft gezogen werden – Aktienkurse können sich wieder erholen. «Was langfristige Auswirkungen haben wird, ist die Glaubwürdigkeit des Schweizer Finanzplatzes. Dass 15 Jahre nach der Finanzkrise erneut eine Schweizer Grossbank in Turbulenzen gerät, ist kein gutes Zeugnis – weder für die Finma, noch für die Politik, noch für den Schweizer Finanzplatz im Allgemeinen.»