- Seit Beginn des Ukraine-Krieges sind die Schweizer Medikamenten-Exporte nach Russland in die Höhe geschnellt.
- Alleine im Juni 2022 nahm die inländische Pharmabranche über 330 Millionen Franken durch Arzneimittel-Verkäufe nach Russland ein – so viel wie seit mindestens 30 Jahren nicht mehr.
- Medikamente stehen aus humanitären Gründen nicht auf der Sanktionsliste des Westens und dürfen weiterhin exportiert werden.
Nicht so bei der Schweizer Pharmaindustrie: Von März bis Juni 2022 haben Roche, Novartis und Co. durch den Export von Arzneimittel nach Russland bereits über 720 Millionen Franken eingenommen. Dies zeigt eine Analyse der Nachrichtenagentur AWP basierend auf den frei verfügbaren Aussenhandels-Daten vom Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG).
In der Datenbank Swiss-Impex vom BAZG sind Aussenhandels-Daten zu pharmazeutischen Produkten, Vitaminen und Diagnostika seit Januar 1992 verfügbar. Der bisherige Rekordumsatz stammt aus dem November 2021, als der Medikamenten-Export nach Russland dem Schweizer Handelsplatz 237 Millionen Franken einbrachte. Im Juni 2022 wurde dieser Rekord mit rund 93 Millionen Franken zusätzlichen Einnahmen übertroffen.
Medikamente nicht auf Sanktionsliste
Insgesamt hat die Schweiz im Juni 2022 Waren für rund 430 Millionen Franken nach Russland verkauft, so viel wie noch nie seit 1992. Exporte aus der Pharmabranche machen dabei über 80 Prozent des Gesamtumsatzes aus.
Aufgrund des Angriffskrieges auf die Ukraine wurde Russland eigentlich mit zahlreichen Sanktionen belegt und der Handel ist stark eingeschränkt. Medikamente stehen allerdings aus humanitären Gründen nicht auf der Sanktionsliste des Westens und dürfen weiterhin exportiert werden. Von dieser Regelung profitiert vor allem die Schweiz, da die Pharmaindustrie der mit Abstand wichtigste Exporttreiber ist.
Höhere Preise für Medikamente
Was auffällt: Obwohl der Exportumsatz von Medikamenten nach Russland im ersten Halbjahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr um rund 59 Prozent gestiegen ist, wurden nur rund 18 Prozent mehr Medikamente exportiert. Das heisst, Russland hat wesentlich mehr für die Schweizer Medikamente bezahlt als bislang üblich.
«Die Pharmaexporte nach Russland waren in den letzten Jahren Schwankungen ausgesetzt», sagt Daniela Dürr vom Verband Interpharma. Sie betont, dass im 2. Halbjahr 2019 sogar mehr Medikamente nach Russland exportiert wurden als im ersten Halbjahr 2022.
Im Gegensatz zu Russland sind die Medikamentenexporte in die Ukraine rückläufig. Im ersten Halbjahr 2022 wurden über 40 Prozent weniger Medikamente in das Kriegsgebiet exportiert im Vergleich zum Vorjahr. Mit rund 91 Millionen Franken war auch der Exportumsatz über 20 Prozent tiefer.