«Die Inflation scheint weitgehend unter Kontrolle.» Das war eine der zentralen Botschaften, die in Washington diese Woche mantraartig wiederholt wurde. Kein Wunder: Denn es ist eine der wenigen positiven Nachrichten, welche die Ökonominnen des Internationalen Währungsfonds sowie die Notenbanker und Finanzministerinnen verkünden konnten. Der Erfolg scheint umso grösser, weil die Weltwirtschaft nicht in eine Rezession gerutscht ist, obwohl die Notenbanken rund um die Welt die Zinsen in den letzten Jahren stark erhöht haben.
Staatsschulden und Protektionismus bereiten Sorge
Freude mochte an der Herbsttagung aber trotzdem nicht so richtig aufkommen. Denn es zeigen sich dunkle Wolken am Horizont. Da ist zum einen die Wirtschaftsprognose des IWF, die vor allem für die Eurozone ein äusserst bescheidenes Wachstum voraussagt.
Zum anderen hat die Verschuldung vieler Staaten besorgniserregende Werte erreicht. Die Experten des IWF prognostizieren, dass die globale Staatsverschuldung bis 2030 gleich hoch sein dürfte wie die gesamte Wirtschaftsleistung des Planeten. Der IWF ruft die hoch verschuldeten Staaten deshalb dazu auf, ihre Ausgaben zu senken und ihre Einnahmen zu erhöhen.
Ein weiteres grosses Thema waren die Wahlen in den USA. Denn klar ist: Was nach dem 5. November passiert, dürfte auch Folgen für die Weltwirtschaft haben. Insbesondere der zunehmende Protektionismus bereitet den Ökonomen des IWF Sorgen. Sollte sich Donald Trump durchsetzen und, wie angekündigt, generell Zölle von 20 Prozent auf alle Importe erheben, könnte dies das ohnehin schon schwache globale Wachstum weiter bremsen. Vor allem dann, wenn andere Wirtschaftsmächte wie China oder die EU zum gleichen Mittel greifen.
IWF und Weltbank auch als Institutionen unter Druck
Neben den ökonomischen Themen waren in Washington auch der Internationale Währungsfonds und die Weltbank selbst ein Thema. Die beiden Institutionen, die vor 80 Jahren in Bretton Woods in den USA gegründet wurden, stehen bei vielen Entwicklungs- und Schwellenländern seit Jahren in der Kritik.
Ein Vorwurf lautet, dass die Organisationen von den reichen Staaten des Westens, insbesondere den USA, dominiert würden. Vor allem China fordert deshalb mehr Einfluss. Bisher mit bescheidenem Erfolg. Der Druck der Kritiker dürfte in den nächsten Jahren aber zunehmen. Sinnbildlich für diesen Anspruch steht auch die Tatsache, dass fast zeitgleich zur Jahrestagung von IWF und Weltbank in Washington der Gipfel der Brics-Staaten in Russland stattfand.