Der chinesische Mobilfunkausrüster Huawei steht in mehreren Ländern unter Spionageverdacht. Auch in der Schweiz wird vor der Kooperation mit Huawei gewarnt. Unter anderem, weil der zweitgrösste Telekommunikationsanbieter Sunrise seine Infrastruktur für das 5G-Mobilfunknetz mit Huawei entwickelt. SRF-Wirtschaftsredaktor Philip Meyer über die Gefahren und Alternativen.
SRF News: Sind die Spionagevorwürfe gegen Huawei plausibel?
Philip Meyer: Sowohl aus politischer wie auch aus wirtschaftlicher Sicht ist dies grundsätzlich möglich. Denn in beiden Bereichen strebt die chinesische Führung mehr Dominanz und Kontrolle an. Huawei ist schon heute der grösste Infrastrukturanbieter im Telekombereich. Jeder weitere Marktvorteil, den sich Huawei erarbeiten kann, käme dem Plan also entgegen.
In dieser Branche wird mit harten Bandagen gekämpft.
Angriffe auf die Infrastruktur sind technisch möglich – von innen wie von aussen. Wir wissen, dass der US-Geheimdienst versucht hat, Techfirmen dazu zu bringen, in ihre Software oder Hardware «Hintertüren» einzubauen. Wieso sollte das China nicht versuchen? Doch noch ist keine der Anschuldigungen bewiesen. Der Firmenchef hat die Vorwürfe vehement abgestritten.
Die Vorwürfe kommen grossteils aus den USA. Könnte dies auch mit dem Handelskrieg mit China zusammenhängen?
Auch hier kennen wir die wahren Motive nicht. Aber es ist so, dass zum Beispiel der US-Botschafter in Deutschland Stimmung gegen chinesische Firmen macht – vor allem auch gegen Huawei. Es ist also möglich, dass Huawei eine Art Faustpfand im Handelskrieg ist. Und es könnte auch darum gehen, US-Firmen einen Vorteil zu verschaffen, wenn ein Konkurrent aus dem Weg geräumt wird. In dieser Branche wird mit harten Bandagen gekämpft, weil die Margen sinken, aber gerade im künftigen 5G-Ausbau grosse Gewinne locken.
Der Bund geht nicht gegen Huawei vor. Auch Schweizer Telekomfirmen scheinen Huawei zu vertrauen. Warum?
Der Bund hat heute keine rechtliche Handhabe, um Sunrise oder Swisscom die Zusammenarbeit mit Huawei zu verbieten. Im Fernmeldegesetz sind nur Sanktionen vorgesehen, falls eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses oder des Datenschutzes festgestellt wird. Im neuen Gesetz kann der Bund die Anbieter zusätzlich verpflichten, Sabotage in ihren Netzen zu verhindern.
Es ist schwierig, auf Verdacht hin zu sagen, die Firmen hätten das Risiko unterschätzt.
Sunrise, aber auch Swisscom, die unter anderem im Glasfaserbereich mit Huawei zusammenarbeitet, sagen auf Anfrage, dass externe Anbieter keinen Zugang zu kritischer Infrastruktur haben, dass alle Installationen genau geprüft und jeglicher Datenverkehr kontrolliert wird. Bisher habe es keine Vorkommnisse gegeben. Deshalb ist es schwierig, auf Verdacht hin zu sagen, die Firmen hätten das Risiko unterschätzt.
Aber es gibt ja auch europäische Anbieter. Sind Ericsson oder Nokia in der aktuellen Lage nicht die bessere Alternative?
Auch hier ist nicht sicher, ob es Einwirkungen von Geheimdiensten gibt. Zudem ist jede Hardware und Software letztlich anfällig. Der Angreifer muss nur die richtige Tür finden. Oft ist diese auch nicht in der Infrastruktur, sondern in unseren Computern und Handys zu finden – oder im selbstfahrenden Auto.
Ist es möglich, als Schweizer Anbieter ganz auf eigene Lösungen zu setzen?
In der Schweiz müssten eine ganze Reihe Firmen, welche diese Infrastruktur entwickeln und bauen könnten, erst einmal gegründet werden. Investitionen in Milliardenhöhe wären nötig. Kein Privater würde diese übernehmen. Der Staat müsste in die Bresche springen. Aber das wäre politisch kaum durchsetzbar.