Gewinn, Reichweite und Glaubwürdigkeit. Elon Musks Plattform X hat in den vergangenen Monaten einiges verloren. Dies merken auch kantonale Behörden und Unternehmen, die X für ihre Kommunikation nutzen. Sie schauen sich zunehmend nach Alternativen um, einige haben die Plattform bereits verlassen.
Ein Umfeld von Hassrede und Fake News
Der Kanton Zürich ist einer davon. Dieser hat Ende November empfohlen, dass alle kantonalen Ämter ihre Accounts auf X deaktivieren sollen. Davon ausgeschlossen sind der Account der Kantonspolizei und des Kantons selbst.
Im Kontext von Hassrede oder Fake News stimmt das ganze Umfeld für uns nicht mehr.
Der Hintergrund für diese Empfehlung ist der Folgende: «Im Kontext von Hassrede oder Fake News stimmt das ganze Umfeld für uns nicht mehr», sagt der stellvertretende Regierungssprecher Daniel Eberhard. Es fühle sich falsch an, etwas auf X zu posten, wenn der Post darüber offensichtliche Fake News enthalte.
Zudem sei der Umgangston rauer geworden. Sieben der ursprünglich 26 Accounts des Kantons Zürich haben 2023 ihre Aktivität eingestellt.
Aus denselben Gründen hat auch der Kanton Appenzell Innerrhoden seinen X-Account deaktiviert. Er verlege seine Kommunikation nun auf Instagram.
«Free-Speech» zulasten der Glaubwürdigkeit
Philipp Bachmann, Dozent für Medienökonomie und strategische Kommunikation an der Hochschule Luzern, erklärt das veränderte Umfeld durch die fehlende Inhaltsregulierung. Elon Musk hatte nach seiner Übernahme rund 80 Prozent der Mitarbeitenden entlassen, darunter waren zahlreiche für die Inhaltsregulierung zuständig.
Falschinformationen, Rassismus und Fake-Profile - das sind die Folgen. «Durch diese unregulierte Diskussionskultur ist die Glaubwürdigkeit und Seriosität der Plattform massiv gesunken», sagt der Dozent.
Musk dagegen nennt dies «Free-Speech», denn auf seiner Plattform darf fast jeder fast alles, egal ob es wahr ist. Nicht zuletzt hat die EU-Kommission Ende Dezember ein Verfahren gegen X eröffnet, das unter anderem die Inhaltsmoderation der Plattform prüft.
Ende November hat sich auch Graubünden Tourismus mit einem Post von der Plattform verabschiedet, da man die Zielgruppe besser auf Instagram, Tiktok oder Linkedin erreiche. Konzerne wie Nestlé oder Lindt und Sprüngli nutzen X seit längerem nicht mehr.
Alternativen gibt es noch kaum
Trotz allem: Eine geeignete Alternative für den Kurznachrichtendienst gibt es nicht wirklich. Denn die breite Bevölkerung ist auf alternativen Diensten wie Bluesky, Mastodon oder Threads noch nicht vertreten. «Es ist fraglich, ob es nochmals eine Plattform geben wird, die für Journalistinnen und Politiker so attraktiv sein wird, wie X es einmal war», so Philipp Bachmann.
Der Kanton St. Gallen sucht diese Antwort ebenfalls. Deren X-Account weist ein Rückgang an Userinnen und User auf. Der Kanton prüft derzeit den Nutzen von Bluesky, Threads oder Whatsapp. Mastodon haben sie als nicht relevant eingestuft.
In der Kommunikation möchte man wissen, wo und wie über einen geredet wird. Wenn wir nicht mehr dabei sind, können wir nicht mehr zuhören.
Der Entscheid sei schwierig, sagt Kommunikationsleiter Thomas Zuberbühler. Dies, weil man noch zu wenig Personen erreiche. «In der Kommunikation möchte man wissen, wo und wie über einen geredet wird. Wenn wir nicht mehr dabei sind, können wir nicht mehr zuhören», erklärt er.
Wie lange X noch eine Bedeutung hat, bleibt somit offen. Kantone und Unternehmen werden sich vermutlich davon abwenden, sobald es eine geeignete Alternative gibt. Anders als Musk sehen sie X nicht mehr als Plattform für ehrliche Informationen.