Wie erfolgreich ist X? Das lässt sich von aussen nur schwer beurteilen. Mit der Übernahme hat Elon Musk das Unternehmen von der Börse genommen und gewährt seitdem nur wenig Einblick in die Unternehmenszahlen. Werbung ist die zentrale Einnahmequelle. Die Anzeigeerlöse sind seit der Übernahme um über die Hälfte eingebrochen, wie Musk selbst einräumte. Nun versucht er unter anderem, Bezahlabos und andere Einkommenskanäle auszubauen. Die Nutzerzahlen sind je nach Schätzung zwischen 5 und 15 Prozent eingebrochen.
Hat sich der Diskurs auf der Plattform geändert? Ja. Hintergrund: Von einst fast 8000 Stellen verblieben laut Musk gut 1500. Viele der Entlassenen waren im Bereich der Inhaltsmoderation und Desinformationsbekämpfung beschäftigt. «Es gibt mehr Hassrede, mehr Desinformation und eine aggressivere, polarisierte Stimmung», sagt Adrienne Fichter, Techjournalistin beim Onlinemagazin «Republik». Nicht nur X habe damit zu kämpfen, aber: «Im Vergleich zu anderen Plattformen steht X hier ganz schlecht da.»
Wie steht es um die Redefreiheit? Musk hat stets betont, für mehr Redefreiheit sorgen zu wollen. «Für ihn heisst Free Speech, dass jeder völlig ungefiltert sagen kann, was er oder sie möchte – auch wenn es auf Kosten anderer geht», sagt Philipp Bachmann, Medienökonom an der Hochschule Luzern. Damit gerät Musk in Konflikt mit den EU-Regulatoren. In der EU ist seit Ende 2022 der DSA (Digital Service Act) in Kraft. Dieser beinhaltet unter anderem Regeln zur Inhaltsmoderation und Transparenzvorschriften. In diesem Zusammenhang erhob jüngst EU-Kommissar Thierry Breton den Vorwurf, auf X verbreiteten sich auch in Zusammenhang mit dem Angriff der Hamas auf Israel illegale Inhalte und Desinformation.
Vollständige Redefreiheit herrscht aber auch unter Musk nicht. Zwar hat er vormals gesperrte Accounts freigegeben, etwa jenen von Donald Trump. Er hat aber zugleich Konten gesperrt, die ihm nicht gepasst haben.
Was hat sich für Forscherinnen und Forscher geändert? Für manche Studien nutzen sie Daten von Social Media. Sie analysieren etwa das Nutzerverhalten, Posts und Bilder. Den Zugang zu entsprechenden Schnittstellen hat ihnen Twitter früher relativ einfach gewährt. Unter Musk sei das schwieriger geworden, sagt Medienökonom Bachmann – und er bedauert: «Ehemalige Führungspersönlichkeiten von Twitter haben gesagt, dass sie das sehr geschätzt haben. Denn über diesen Austausch wurden sie auf Fehlentwicklungen aufmerksam. Dieses gegenseitige Miteinander fällt weg.»
Kann Musk die abgesprungenen Werbetreibenden zurückholen? Das sei fraglich, sagt Silke Bambauer-Sachse, Marketing-Professorin an der Universität Freiburg. «X versucht sehr stark, verlorene Werbekunden durch erhebliche Rabatte zurückzugewinnen.» Es stelle sich aber die Frage, ob das ausreiche. «Die Werbekunden sind ja wegen der Imageprobleme abgesprungen. Da müsste sich zuerst das Image stabilisieren.»
Was will Musk mit X? Trotz dieser Probleme deutet Musk immer wieder seine Ziele für die Plattform an und nennt sie auch als einen Grund für die Umbenennung von Twitter zu X. Konkret: Ihm scheint eine «everything app» im Stile des chinesischen WeChat vorzuschweben. Mit dieser App kann man chatten, bezahlen, Arzttermine und Taxis buchen sowie Finanzdienstleistungen abwickeln. Das soll man dereinst auch mit X erledigen können. Zumindest, wenn es nach Elon Musk geht.