Ein Auto ums andere reiht sich in die Tankstelle im deutschen Dorf Öhningen, nur wenige Meter nach der Schweizer Grenze. Bis vor Kurzem waren die Benzinpreise auf beiden Seiten der Grenze ähnlich hoch. Sobald er die alten Bestände aufgebraucht habe, könne er den Preis um 15 Cent senken, sagt der Besitzer des Familienbetriebs, Peter Dietrich – und steckt die Hände in die Taschen seines blauen Overalls.
Dietrich rechnet deshalb mit mehr Umsatz – wegen der Tankkunden aus der Schweiz. «Allerdings werden die Tankstellen auf der deutschen Seit der Grenze entlang wahrscheinlich zeitweise überlastet sein», glaubt Dietrich.
Tankstellen am Anschlag
Genau in den sowieso umsatzstarken drei Ferienmonaten kommen wegen des günstigeren Sprits also noch die Schweizer Kunden hinzu. Eine Herkulesaufgabe für den Familienbetrieb auf der anderen Seite der Grenze.
Schon jetzt müssten die Tanklastwagen bei der Raffinerie sechs Stunden anstehen, bis sie beladen werden, sagt Dietrich. Und irgendwann seien die 60 Kubikmeter Treibstoff in seiner Tankstelle eben aufgebraucht.
Im Herbst wird das Benzin wieder teurer
Doch noch hat’s genug Benzin für alle. An Säule Drei hat gerade eine Frau für exakt 20 Euro Benzin in ihren Kleinwagen geträufelt. Ihr Blick geht zur Benzinmenge, die sie dafür erhalten hat: «Es ist verheerend.»
Sie habe aber unbedingt Benzin gebraucht, ansonsten hätte sie noch ein paar Tage gewartet – bis die Verbilligung greift. Die Beschränkung auf drei Monate für die Verbilligung bezeichnet sie als «lächerlich». Denn im Herbst sei die Preissituation dann ja wieder gleich schlimm wie jetzt.
Spekulation auf Energie oder Lebensmittel muss von der Politik endlich gedeckelt oder unterbunden werden.
Dieser Meinung scheinen viele Autofahrerinnen und Autofahrer in der Grenzregion zu sein. Ob an der Tankstelle in Konstanz, Kreuzlingen oder Tägerwilen: Die Massnahme der deutschen Regierung erntet kein Lob.
Kritisiert wird vor allem die Tatsache, dass Ölkonzerne und Raffinerien seit Ende Februar pro Liter Sprit mehr verdienen als zuvor. Und auch der Tankstellenbetreiber Dietrich aus Öhningen bezeichnet die kurzfristige und auf drei Monate beschränkte Steuersenkung als «Tropfen auf den heissen Stein».
Die Politik müsse langfristig etwas ändern, und zwar an den Börsen, so seine Meinung: «Spekulation auf Energie oder Lebensmittel muss von der Politik endlich gedeckelt oder unterbunden werden.»
Hohe Benzinpreise nicht das grösste Problem
Und schon ist man mitten im Gespräch über Geopolitik, Ölmultis oder die Inflation. Ein Mann mit Familienbus zeigt auf die Einkäufe auf dem Rücksitz. Er beklagt den Preis für ein Kilogramm Salz, der um 50 Prozent auf 30 Cents erhöht wurde. «Solche Preiserhöhungen tun viel mehr weh als die fünf Cents auf dem Dieselpreis», sagt er.
Der Treibstoffpreis scheint den Leuten zwar nicht egal zu sein, schliesslich machen viele den Weg über die Grenze, wenn hüben oder drüben der Liter gerade etwas günstiger ist. Wirklich Bauchweh machen den Menschen aber die grossen politischen und wirtschaftlichen Probleme.