Den Grund für die Rekordpreise an der Tankstelle sehen viele im Krieg in der Ukraine und dem damit verbundenen Anstieg der Rohölpreise. Die logische Folgerung wäre, dass wenn der Rohölpreis sinkt, dasselbe auch für den Benzinpreis gilt. Seit einigen Tagen sinken nun die Rohölpreise, ohne dass das Benzin in gleichem Masse billiger wird. Dies sorgt für Kritik.
In Deutschland hat das Bundeskartellamt wegen der massiv gestiegenen Benzinpreise gar Untersuchungen eingeleitet. «Wenn die Rohölpreise jetzt wieder sinken und die Tankstellenpreise dem nicht folgen oder sogar weiter steigen sollten, muss man sich das genau ansehen.» Das gilt laut Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamts, für den Rohölmarkt über die Raffinerien und den Grosshandel bis hin zu den Tankstellenbetreibern.
Letzte Woche allein ist der Ölpreis um 30 Prozent zurückgegangen. Ich erwarte, dass die Tankstellen die Senkung an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergeben.
Auch in der Schweiz hagelt es Kritik. So zeigte sich die SRF-Community in Kommentarspalten unzufrieden mit der heutigen Lage. Im SRF Rundschau Talk forderte Simonetta Sommaruga: «Letzte Woche allein ist der Ölpreis um 30 Prozent zurückgegangen. Ich erwarte, dass die Tankstellen die Senkung an die Konsumentinnen und Konsumenten weitergeben.»
Tatsächlich ist jüngst eine Diskrepanz zwischen Öl- und Benzinpreis beobachtbar, etwa auf Vergleichsportalen wie benzin-preis.ch. Allerdings ist auch festzuhalten, dass die hiesigen Tankstellen relativ spät auf die Ölpreis-Steigerung reagiert haben.
Für die aktuell hohen Preise sieht Ueli Bamert, Leiter Politik beim Schweizer Verband der Treibstoffimporteure, Avenergy, die Tankstellen nicht in der Verantwortung. Es bliebe diesen nichts anderes übrig, als die hohen Weltmarktpreise für Rohöl an die Kundschaft weiterzugeben. Zudem hätten Tankstellenbetreiber kein Interesse daran, unnötig hohe Preise zu verlangen. Dafür sei der Wettbewerbsdruck in der Schweiz zu gross. Will heissen: Wer zu viel fürs Benzin verlangt, verliert Kunden.
Raffinerien als Profiteure
Der Benzinpreis hängt zu einem grossen Teil auch von den Raffinerien ab. In der Schweiz gibt es nur eine, mit Sitz in Cressier. Das meiste Benzin, welches in der Schweiz verkauft wird, stammt allerdings aus deutschen Raffinerien entlang des Rheins sowie aus der Niederlande. Diese Anlagen können derzeit höhere Gewinne erzielen, weil das Angebot kleiner geworden ist. Denn bei vielen steht russisches Öl nicht mehr auf der Einkaufsliste.
Trotzdem sieht der Allgemeine Deutsche Automobilclub (ADAC) die Rolle der Raffinerien kritisch: «Trotz aller kriegsbedingter Sondereffekte und Erklärungen für die hohen Spritpreise – irgendwo zwischen Ölförderung und Tankstelle bleibt das zusätzliche Autofahrergeld hängen. Die Mineralölkonzerne verdienen im Raffineriegeschäft derzeit richtig gutes Geld.»
Die Raffinerien und die Tankstellen stehen derzeit unter besonderer Beobachtung. Der Druck, die Preise auf ein tieferes Niveau zu senken, steigt. Die Situation könnte sich für die Autofahrerinnen und Autofahrer damit schon bald wieder beruhigen.