In Paris haben sich gestern und heute Finanzfachleute aus rund hundert Ländern zu einem Gipfel «Für einen neuen globalen Finanzpakt» getroffen. Gastgeber war Frankreichs Präsident Emmanuel Macron. Angereist sind Vertreter und Vertreterinnen von internationalen Organisationen, von Entwicklungsbanken, aber auch Politikerinnen und Politiker. Im Kern ging es um die Reform des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank.
Sind der Währungsfonds und die Weltbank einfach in die Jahre gekommen?
Das sehen viele so. Bei der Gründung des IWF ging es darum, den Handel nach dem Krieg wieder anzukurbeln und ein System von fixen Wechselkursen zu schaffen. Heute sind die Herausforderungen wohl ähnlich gross. Fast 60 Staaten stehen vor dem Bankrott. Es herrscht Krieg in Europa. Die Inflation ist hoch wie seit Jahrzehnten nicht mehr, und der Klimawandel schreitet unaufhaltsam voran.
Fehlt den Finanzinstitutionen zur Problemlösung die finanzielle Kraft?
Ja, das schien unter den Teilnehmern am Finanzgipfel mehr oder weniger Konsens zu sein. In Paris betonten viele Politikerinnen und viele NGOs, dass es mehr Geld für IWF und Weltbank und auch für die anderen multilateralen Entwicklungsbanken brauche. Es gibt auf der Welt rund drei Dutzend davon. Aber viele Entwicklungs- und Schwellenländer sagen, das Geld werde falsch verteilt. Ein Beispiel: Während der Corona-Pandemie 2021 hat der IWF 650 Milliarden Dollar an seine 190 Mitglieder verteilt. Davon gingen 68 Prozent an die G20-Staaten und nur rund sieben Prozent an die 44 ärmsten Länder. In der Zwischenzeit hat sich ein Teil der Industrieländer bereit erklärt, einen Teil dieses Geldes freiwillig an Entwicklungsländer umzuverteilen.
Wie sollen die Entwicklungsländer an mehr Geld kommen – beispielsweise für den Kampf gegen den Klimawandel?
Es gibt unterschiedliche Ideen und Forderungen. Am weitesten gediehen und am konkretesten scheint die Reform der multilateralen Entwicklungsbanken zu sein. Diese Banken geben langfristige Kredite an Entwicklungsländer zu günstigen Konditionen. Die Banken sollten mehr Kredite vergeben, und das können sie auf zwei Arten tun: Entweder schiessen die Mitgliedsstaaten mehr Geld ein, oder die Banken schaufeln selber mehr Kapital frei. Konkret sollen sie ihre Eigenkapitalquoten senken, um so mehr Geld zur Verfügung zu haben. Diese Anpassung ist bei der Weltbank schon angestossen. Die Weltbank will ihre Quote von 20 auf 19 Prozent senken.
Finanzhilfe des IWF wird meist an Reformen gekoppelt. Manche Länder haben sich deshalb an China gewandt –China vergibt Kredite ohne strenge Auflagen.
Bei der Weltbank fordern viele NGOs, dass die Bank viel strenger wird und zum Beispiel keine Gaskraftwerke mehr finanziert und mehr Kredite ausschliesslich für Projekte gibt, die dem Klimaschutz dienen. Aber das stösst bei vielen Entwicklungsländern nicht unbedingt auf Gegenliebe. Denn sie wollen in Infrastrukturen investieren, die Wachstum bringen und die günstiger sind, vor allem, wenn sie eigene Rohstoffe haben. Da ist die Verlockung für diese Länder gross, sich die Kredite für diese Infrastruktur einfach von China bezahlen zu lassen.
Konkrete Beschlüsse gab es keine am Pariser Finanzgipfel. Wie geht es weiter?
In den nächsten Monaten steht ein ganzer Reigen von Konferenzen an, im September findet das Gipfeltreffen der G20 in Indien statt, im Oktober die Herbsttagung von Weltbank und IWF in Marokko und im Dezember dann die UNO Klimakonferenz in Dubai. Da könnten einige Ideen, die in Paris diskutiert wurden, konkretere Formen annehmen.