Constans Schmölder hat genug. 18 Jahre lang hat er das Schlosskino in Frauenfeld betrieben – eines von zwei Kinos in der Stadt. Nun ist für ihn bald Schluss. Das Kino rentiere zu wenig. «Es kommen zu wenig Leute. Die letzten beiden Pandemiejahre haben uns den Rest gegeben.» Eine Erholung des Geschäfts sei noch weit entfernt.
Ende November fällt für Schmölders in Frauenfeld der Kinovorhang zum letzten Mal. Sein Kino zeigt vorwiegend kommerzielle Filme. Er erhält deshalb keine Subventionen von der Stadt. Ganz Schluss ist im Schlosskino trotzdem nicht. Mehr dazu später.
Kleine Kinos kämpfen in der Schweiz am meisten ums Überleben. Die Zahl der Ein-Saal-Kinos hat in den vergangenen 20 Jahren von 250 auf 157 abgenommen, ein Minus von 37 Prozent. Dafür gibt es mehr Multiplex-Kinos, solche mit mindestens acht Sälen: von 5 auf 17, eine Zunahme von 240 Prozent.
Gute Mainstream-Filme sind Mangelware
Edi Stöckli besitzt sieben solche Multiplex-Kinos in der ganzen Schweiz. Sein Neuestes liegt seit Sommer 2021 im Stücki-Einkaufscenter in Basel, ausserhalb des Zentrums, nahe der Grenze zu Deutschland. Hier werden in 14 Sälen die neuesten Hollywood-Kracher gezeigt – zu Kampfpreisen ab 10 Franken.
Doch trotz Grossleinwand und vieler Säle: Auch Stöckli kämpft gegen den Zuschauerschwund: «Im Vergleich zu 2019 sind wir etwa 30 Prozent im Minus.» Das komme auch daher, dass während der Pandemie zu wenig grosse Filme produziert worden seien, die jetzt fehlten.
Ohne modernste Technik läuft nichts
Stöckli ist seit über 50 Jahren im Kinogeschäft: Bekannt wurde er als Pornofilmproduzent und Sexkino-Betreiber. Doch das ist passé: Nun will der 77-Jährige das Mainstream-Publikum mit modernster Technik wieder in seine Säle holen. Bewegliche Kinositze, Wind, Regen und Schneesimulation sollen das Kinoerlebnis steigern. «Das habe ich gemacht, damit die Jungen weg von ihrem blöden Handy und ins Kino kommen.»
Ohne Investitionen läuft nichts. Für den nächsten grossen Hollywoodfilm, Avatar 2, der im Dezember in die Schweizer Kinos kommt, habe er extra neue Projektoren gekauft, für noch schärfere Bilder als bisher. «Dann wird einem das Bild richtig ins Auge reinspicken», so Stöckli.
Kampf gegen Streaming in Chur
Auch in Chur glaubt man an die Zukunft des Kinos. Gerade wird ein Multiplex-Kino mit acht Sälen für 800 Zuschauer fertiggestellt. Ende Oktober eröffnet das Grosskino von Blue Cinema der Swisscom. Hier gilt wie überall: Das Kino kämpft gegen die starke Streaming-Konkurrenz.
«Es wird jetzt immer zwei Angebote geben, von denen die Menschen auswählen: Kino oder Streaming», sagt Grégoire Schnegg, Kinochef der Blue Entertainment. Man werde beweisen müssen, dass sich ein Ausflug ins Kino lohne.
Rettung in letzter Minute
Im Schlosskino in Frauenfeld wird die Leinwand doch nicht dunkel. Constans Schmölder hat einen Nachfolger gefunden, der ab Dezember übernimmt: Kinounternehmer Hansjörg Beck. Dieser betreibt bereits in Rapperswil und Gstaad Kinos. In Frauenfeld wolle er vermehrt auf Kinoevents setzen. Zum Beispiel auf Senioren-Nachmittagsfilme, Ladies Nights und auf Live-Konzertübertragungen. Und vor allem hofft er wieder auf mehr gute Filme.
«Das Kino wurde schon oft tot gesagt» sagt Beck. Er glaube aber, dass die Menschen weiterhin ausgehen wollen, um Filme zu sehen und nicht einfach nur zu Hause zu sitzen. «Kino bleibt ein attraktives und verhältnismässig günstiges Angebot.»