In wenigen Tagen will Thomas Teuscher seine Vierzimmer-Eigentumswohnung im Berner Seeland beziehen. 650'000 Franken bezahlte der gelernte Landmaschinen-Mechaniker dafür und erfüllte sich einen lang gehegten Wunsch: «Seit etwa zehn Jahren habe ich diesen Traum im Kopf und begonnen, die finanziellen Mittel auf die Seite zu legen.»
Für die erforderlichen Eigenmittel verwendete er kein Geld aus seiner Pensionskasse: «Ganz bewusst nicht. Nicht, dass ich im Alter ohne oder mit zu wenig Geld dastehe», sagt Teuscher. Im neuen Heim stecken vor allem seine Ersparnisse der Säule 3a, also der freiwilligen Vorsorge.
Es bleibt, wie es ist
Tatsache ist: Seit über 20 Jahren gehen die Preise für Wohneigentum in der Schweiz nur in eine Richtung: nach oben. Für den Mittelstand wird es darum zunehmend schwieriger, sich überhaupt ein Haus oder eine Wohnung kaufen und langfristig finanziell tragen zu können (Amortisation der 2. Hypothek, Unterhalt, Renovationen). Der Nationalrat wollte diesem Umstand entgegenwirken: Die für einen Immobilienkauf erforderlichen Eigenmittel sollten wieder vollumfänglich mit Kapital aus der Pensionskasse alimentiert werden können. Derzeit gilt maximal die Hälfte.
Am vergangenen Montag lehnte der Ständerat die Motion ab. Bleibt die Frage, ob es vor dem Hintergrund künftig eher sinkender Pensionskassenrenten überhaupt sinnvoll ist, für den Kauf von Wohneigentum, Geld der zweiten Säule zu investieren. Aktuell stecken über 47 Milliarden Franken Pensionskassenkapital in Schweizer Eigenheimen.
Lücken wieder schliessen
Wohneigentum mit Pensionskassengeld finanzieren heisst zunächst, eine Lücke in seine Altersvorsorge reissen. Doch das muss nicht sein. Karl Flubacher, Geschäftsführer des VZ Vermögenszentrum Nordwestschweiz/Westschweiz in Basel, sagt: «Wenn man Geld aus der Pensionskasse nimmt und die Altersvorsorge künftig sinkt, sollte man die Lücke so schliessen, dass man die Gelder wieder in die Pensionskasse einzahlt. Diese Lösung hat für viele den Vorteil, dass sie sich nicht um die Anlage der Gelder kümmern müssen. Und durch die Einzahlungen in die Pensionskasse verbessert sich auch die Altersvorsorge wieder.»
Ein Beispiel: Wer mit 40 Jahren für den Kauf von Wohneigentum 200'000 Franken aus der Pensionskasse nimmt, müsste bis Alter 65 laut Flubacher rund 600 Franken pro Monat konsequent auf die Seite legen, um die Lücke wieder zu schliessen.
Zusätzliche Nachfrage gedämpft
Das «Nein» des Ständerats ist für Karl Flubacher keine Tragödie: «Wenn sich der Mittelstand – so die Idee der Politik – mit mehr Geld aus der Pensionskasse wieder mehr Wohneigentum leisten kann, führt das aus meiner Sicht dazu, dass die Nachfrage steigt. Und eine steigende Nachfrage führt zu noch mehr steigenden Preisen.» Also setze er zumindest ein Fragezeichen, ob das Ziel erreicht worden wäre, dass sich der (untere) Mittelstand wieder mehr Wohneigentum hätte leisten können.
Für den frischgebackenen Wohneigentümer Thomas Teuscher geht die Rechnung bislang auf. Mit dem Wohnungskauf sind seine Investitionen jedoch nicht beendet. Für den Einzug rechnet er mit weiteren 15'000 Franken und über die nächsten fünf Jahren dürften nochmals 100'000 Franken hinzukommen. Und was gab den Ausschlag, dass er sich gerade diese Wohnung kaufte? «Ganz sicher die Aussicht, die unverbaubare Lage hier. Das Berner Seeland ist wunderschön», sagt er.