Die blitzblank herausgeputzte Hotellobby ist verwaist. Keine Gäste, kein Telefon, das klingelt. Es ist dies ein Bild, das in den Genfer Luxushotels zurzeit zum Alltag gehört.
Im Fünfsternhotel Les Armures spricht Direktor Marc-Antoine Nissile von einer sehr schwierigen Situation: «Uns fehlen die interationalen Gäste aus aller Welt.» In Genf gibt es 14 Fünfsternhotels – eine Dichte wie sonst in keiner Schweizer Stadt.
Das Richemond schliesst die Türen
Ähnlich tönt es im Fairmont Grand Hotel Geneva. Direktor Thierry Lavalley ist gleichzeitig Präsident des Genfer Hotellerieverbandes. Er sagt, es habe niemanden überrascht, dass mit dem Richemond ein erstes Fünfsternhaus beschlossen habe, per Ende August auf unbestimmte Zeit zu schliessen. Er befürchtet, dass es nur das erste Hotel auf einer langen Liste sein wird.
Das Problem: über 80 Prozent der Hotelübernachtungen in Genf machen Gäste aus dem Ausland aus. In den Sommermonaten sind es hauptsächlich gut betuchte internationale Touristen aus dem Nahen Osten, aus Asien oder aus den USA. Sie alle fehlen in diesem Jahr.
Zu teuer für Städtetrip-Touristen
Hat es die Stadt verpasst, andere Touristen anzulocken? Sophie Dubuis, Präsidentin von Genf Tourismus widerspricht: Genf habe in den letzten Jahren grosse Anstrengungen unternommen, Genf als Stadt für einen Städtetrip zu positionieren. Dafür sei man auch vom europäischen Tourismusverband ausgezeichnet worden.
Doch die Städtetrip-Touristen aus der Schweiz oder dem nahen Ausland sind in den seltensten Fällen jene, die sich eine Übernachtung im Luxushotel für 300 Franken oder noch mehr leisten.
Da dürfte auch das Hilfspaket des Kantons von 4,5 Millionen Franken wenig helfen: Wer mehr als zwei Nächte in einem Genfer Hotel verbringt, bekommt einen Gutschein im Wert von 100 Franken, der in lokalen Restaurants oder Bars eingelöst werden kann.
Preise senken geht nicht
Die Hoteliers sind sich einig: Starke Preisreduktionen für die Übernachtungen sind nicht möglich, da ein gewisser Standard und Qualität kosteten, sagt Hotellerieverbandspräsident Lavalley.
Und Direktor Nissile weist im Hotel Les Armures auf den Balance-Akt hin: würde er mehr Zimmer zu tieferen Preisen vermieten, wäre dafür auch mehr Personal nötig. Die Kurzarbeit müsste in diesem Fall gestrichen werden – da müsse man gut rechnen, ob sich das lohne.
Abhängig von der UNO
Nissile rechnet damit, dass spätestens im Herbst zahlreiche Hotels mit Liquiditätsproblemen zu kämpfen haben werden. Denn man dürfe nicht vergessen: Zwar fehlten jetzt ausgabefreudige Sommertouristen – doch rund drei Viertel der Logiernächte in Genf machten Geschäftsreisende, Kongressbesucher und Vertreterinnen und Vertreter der UNO und anderer internationaler Organisationen aus.
Es zeichne sich schon jetzt ab, dass Sitzungen nach wie vor per Videokonferenz stattfänden und Kongresse abgesagt würden, sagt der Hoteldirektor. Er befürchtet deshalb, dass sich die Situation bei den Genfer Luxushotels bis Ende Jahr noch zuspitzen wird.
Es dürfte also nur eine Frage der Zeit sein, bis ein weiteres Hotel in Genf mit der Schliessung für Schlagzeilen sorgt.