Trotz einbrechender Passagierzahlen müssen Verbindungen via öffentlichen Verkehr bis in den hintersten Winkel des Landes sichergestellt werden. Das macht Postauto zu schaffen. Neu kommen auch noch die Auswirkungen der Pandemie hinzu.
Urs Bloch, der Mediensprecher von Postauto, schildert gegenüber Radio SRF erstmals eine Grössenordnung: «Wir gehen im Moment davon aus, dass wir einen Ertragsausfall von etwa 50 Millionen Franken im letzten Jahr wegen der Corona-Pandemie haben.»
Wegen Reserven keine Staatshilfe für Postauto
Eigentlich hat das Parlament zur Unterstützung des öffentlichen Verkehrs in der Coronakrise ein Hilfspaket geschnürt. Doch Postauto werde für 2020 vermutlich gar nicht auf diese Staatshilfe angewiesen sein, so Sprecher Bloch.
Der Grund: Postauto fuhr gewissermassen mit vollem Reservetank in die Krise. «Unsere Reserven sind gross genug, dass wir diesen Verlust aus diesen Reserven decken müssen», sagt Bloch weiter. 50 Millionen Franken habe Postauto in den letzten 20 Jahren zurückgelegt – gerade etwa so viel, wie der coronabedingte Ertragsausfall im 2020 betrage.
Die grosse Reserve könnte nach der Postauto-Affäre durchaus Misstrauen wecken, doch der Betrag sei dem Bund bekannt und in Ordnung, erklärt das Bundesamt für Verkehr auf Anfrage.
Nun muss Postauto den Notgroschen zum Abbau des Coronadefizits verwenden. So schreibt es das ÖV-Hilfspaket des Bundes vor. Danach ist der Postautoreservetank leer. Für 2021 werde Postauto daher wohl auf das staatliche ÖV-Hilfspaket angewiesen sein, so der Postauto-Sprecher.
Rückstellungen bei den Bundesbahnen im Minus
Anders präsentiert sich die Lage bei den Schweizerischen Bundesbahnen (SBB): Ihre Reserven lagen per Ende 2019 im Minus, wie die aktuellsten verfügbaren Geschäftszahlen zeigen.
Zudem habe Corona letztes Jahr einen Umsatzeinbruch von anderthalb Milliarden Franken verursacht, teilten die SBB mit. Detaillierte Angaben zu den finanziellen Auswirkungen der Coronakrise wollen die SBB an ihrer Bilanzmedienkonferenz im März präsentieren.
Fehlende Rücklagen auch bei einigen Regionalbahnen
Auch bei der BLS beispielsweise seien die Reserven unter null, schreibt das Berner Verkehrsunternehmen auf Anfrage. Entsprechend wird nun im aktuellen Teil-Shutdown von Linksparteien der Ruf nach einer Aufstockung der ÖV-Hilfe laut.
Die Verkehrskommission des Nationalrates gab den Anschub fürs erste Hilfspaket. Michael Töngi (Nationalrat Grüne) ist ihr Präsident. Er persönlich sagt: «Wir haben wieder einen starken Rückgang der Pendlerinnen und Pendler und allgemein weniger Passagiere im öffentlichen Verkehr. Ich denke daher, dass es für 2021 ein zweites Paket brauchen wird.»
Etwas detaillierter lässt sich die Lage in ein paar Wochen einschätzen, wenn die Transportunternehmen ihre Jahreszahlen veröffentlichen.