Eine gute Autostunde südlich der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku entsteht gerade ein moderner Cargohafen. Lange rechteckige Buchten, Hafenkräne und überall Container.
Gurban Karimbayli, der Chef Nachhaltigkeit beim Hafen von Baku, führt durch den Dünger-Terminal. Auf langen Förderbändern würden Dünger direkt von und zu den Schiffen gebracht. Alles laufe automatisch hier.
Der Ausbau des Hafens von Baku ist Teil grosser Investitionen in den sogenannten Mittleren Korridor, einer Transportroute von China über Kasachstan und das Kaspische Meer durch Zentralasien nach Europa. Die Route hat den grossen Vorteil, dass sie nicht durch das sanktionierte Russland führt, anders als der sogenannte Nördliche Korridor.
Zudem ist sie deutlich schneller als der südliche Weg übers Meer, wo Schiffe derzeit 10 bis 14 Tage mehr als üblich benötigen, weil sie ums Kap der Guten Hoffnung fahren müssen, um den Angriffen der jemenitischen Huthi Rebellen im Roten Meer auszuweichen.
Ein Meer, dessen Wasserspiegel sinkt
An diesem trüben, windigen Tag allerdings bewegt sich hier nichts. Zu stark sei der Wind, erklärt der Nachhaltigkeitsverantwortliche des Hafens. Die Schiffe müssten deshalb vor der Einfahrt warten. Stärker noch als das Wetter könnte bald das sich verändernde Klima den Betrieb des Hafens von Baku und damit des gesamten Mittleren Korridors beeinflussen: Während der Spiegel der grossen Weltmeere wegen der Klimaerwärmung steigt, sinkt derjenige des Kaspischen Meeres, über das die Ware zwischen Baku und Kasachstan transportiert wird.
Erich Fischer, Klimaforscher an der ETH Zürich, befasst sich mit dem Wasserkreislauf. Das Kaspische Meer sei ein geschlossenes System, nicht mit den anderen Meeren verbunden. Und weil die Luft wärmer geworden sei, verdunstet mehr Wasser, erklärt er. «Die wärmere Luft kann mehr Feuchtigkeit entziehen. Den gleichen Effekt kennen wir vom Wäschetrockner. Und im Moment haben wir eine stärkere Verdunstung und weniger Niederschlag.»
Versprechen bringen bisher nichts
In den letzten zwei Jahrzehnten ist der Wasserspiegel in Baku bereits um fast zwei Meter gesunken. Je nachdem, wie stark die Erderwärmung zunimmt, könne er in den kommenden Jahrzehnten um weitere 6 bis 14 Meter sinken, prognostiziert Erich Fischer.
Das würde unseren Hafen und den gesamten Mittleren Korridor ernsthaft treffen.
Angesprochen auf dieses Szenario meint Gurban Karim Bailey vom Hafen von Baku: «Das würde unseren Hafen und den gesamten Mittleren Korridor ernsthaft treffen. Die Behörden aller Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres arbeiten an Lösungen.» Aserbaidschan, Iran, Kasachstan, Russland und Turkmenistan haben sich 2003 in der Teheraner Konvention zum Schutz des Kaspischen Meeres verpflichtet. Geschehen ist bisher wenig.
Betroffene Staaten gehören auch zu den Verursachern
Das wirksamste Mittel, um das Absinken des Wasserspiegels zu bremsen, wäre eine schnelle Reduktion des Treibhausgasausstosses weltweit. Just die betroffenen Staaten leben allerdings zu einem grossen Teil vom Verkauf klimaschädlicher fossiler Brennstoffe.
Häfen wie derjenige von Baku können sich zwar durchaus an veränderte Wasserspiegel anpassen, die Kosten dafür sind allerdings enorm.