Schon vor ihrer Ankunft heute Mittag in Davos war die junge Schwedin der vielleicht untypischste Star, den das WEF je hatte. Gut 30 Stunden lang war sie mit dem Zug von Stockholm mit Umsteigen in Kopenhagen, Hamburg, Zürich und Landquart gemeinsam mit ihrem Vater Svante und einem kleinen Team von Unterstützern angereist – und hatte dabei über den Kurznachrichtendienst Twitter Berichte über ihre Reise und ihre Botschaft verbreitet. Kurz und bündig. Schwarz und weiss.
Das ist der Alltag der Klimaaktivistin aus der schwedischen Hauptstadt: «Ja, ich sehe die Welt in schwarz und weiss», erklärte die Schülerin in der stark beachteten Talkshow «Skavlan» des schwedischen Fernsehens am vergangenen Wochenende und fügte hinzu: «In der Klimafrage gibt es nur eines: Wir müssen die Emissionen stoppen.» Dabei verwies Thunberg auf ihre persönliche Autismus-Diagnose, welche nach eigenen Worten den Blick für die Problematik der von Menschen gemachten schnellen Erderwärmung schärft.
Abgeklärt, geschliffen – und ungekünstelt
Einen glücklichen Eindruck macht Greta Thunberg im immer grösseren Medienrummel, der um sie herum aufgeführt wird, nicht. Das weckt Befürchtungen, dass sie von starken Interessengruppen oder gar ihren Eltern zu den ständigen Auftritten in der Öffentlichkeit gedrängt wird. Für Klimaskeptiker ist der enorme kommunikative Erfolg, den das Mädchen gegenwärtig hat, eine grosse Provokation. Im Netz laufen denn schon seit längerem eigentliche Hasskampagnen gegen die Erfinderin des «Schulstreiks für das Klima», dem sich seit dem letzten Sommer Tausende von Schülerinnen und Schüler in der ganzen Welt angeschlossen haben.
Tatsächlich wirken die Auftritte der Neuntklässlerin ausgesprochen abgeklärt und geschliffen. Das kontrastiert mit ihrem ungekünstelten Äusseren, den Pippi-Langstrumpf-Zöpfen und dem scheuen Blick. Vor allem überrascht die offensichtliche Abgeklärtheit und Coolness, mit welcher Greta Thunberg auf Fragen zu ihrer Person und ihrer Rolle als eine Art Gallionsfigur für die Klimaschutzbewegung reagiert: «Wer sich mehr um meine Person kümmert als um das Weltklima, hat das Problem nicht verstanden», erklärte sie unlängst im schwedischen Fernsehen.
Gemüse statt Fleisch, Zug statt Flug
Greta Thunberg ist vor wenigen Wochen 16 Jahre alt geworden. Doch sie wirkt bedeutend jünger. Seit sie acht Jahre alt ist, beschäftigt sie sich mit den Folgen der Klimaerwärmung und was dagegen zu tun ist. In der eigenen Familie, zu der neben Vater Svante auch eine kleine Schwester und Mutter Malena – eine bekannte schwedische Opernsängerin – gehören, führte das zu einem Umdenken: Gemüse statt Fleisch, Zug statt Flug.
Die Erfahrung, die eigenen Eltern mit einer klaren Botschaft beeinflussen zu können, bestärkte Greta Thunberg in ihrer Überzeugung, dass die Welt der Kinder auch die Welt der Erwachsenen verändern kann. Und das tut sie nun seit dem letzten Herbst mit viel Erfolg – und Glaubwürdigkeit.