Der neueste Klimaverträglichkeitstest des Bundes wirft ein russiges Licht auf die Schweizer Finanzbranche mit Banken, Versicherungen und Pensionskassen. Erstmals hat sich eine repräsentative Zahl von Instituten testen lassen. Dabei zeigt sich, dass 80 Prozent nach wie vor Firmen finanzieren, die Kohle abbauen.
Lesen Sie hier die Resultate des Gesamtberichts:
Katrin Schneeberger, die Direktorin des Bundesamtes für Umwelt fasst die Resultate des Klimaverträglichkeitstests so zusammen: «Es gibt erste Schritte seitens der Finanzwelt in die richtige Richtung, aber weitere konkrete Massnahmen müssen nun folgen.»
Es gibt erste Schritte seitens der Finanzwelt in die richtige Richtung, aber weitere konkrete Massnahmen müssen nun folgen.
WWF: Das reicht bei Weitem nicht
Deutlich negativer beurteilt die Lage der WWF. «Wir sind grundsätzlich schockiert über die Ergebnisse. Der Bericht zeigt klar, dass einzelne Fortschritte zwar gemacht wurden, aber dass die Anstrengungen des Finanzsektors bei Weitem nicht ausreichen, um die Klimakrise zu bewältigen», sagt Stephan Kellenberger, Experte für nachhaltige Finanzwirtschaft bei der Umweltschutzorganisation.
Wir sind grundsätzlich schockiert über die Ergebnisse.
Es würde auch ohne Kohle gehen
Und das ungenügende Bild ist repräsentativ für den Finanzplatz Schweiz. Vor drei Jahren hatten die Experten des Bundesamtes für Umwelt (Bafu) und des Staatssekretariats für internationale Finanzfragen (SIF) bereits die Finanzanlagen von Pensionskassen und Versicherungen untersucht. Diesmal haben auch Vermögensverwalter und Banken freiwillig ihre Daten zur Verfügung gestellt.
Auffallend ist, dass – je nach Investor – sind nur fünf bis 15 Prozent aller Finanzanlagen überhaupt relevant fürs Klima sind. Auch wenn eine Bank also alle diese Anlagen stark verändern oder gar abstossen würde, wäre die Wirkung wohl verkraftbar für die Bank. Fürs Klima aber haben diese Anlagen grosse Auswirkungen.
Bankiervereinigung nicht überrascht
Nach wie vor sind aber vier Fünftel aller Schweizer Finanzmarktakteure in Firmen investiert, die Kohle abbauen. Unter dem Strich finanziert der Schweizer Finanzplatz sogar den Ausbau von Kohleabbau und Ölförderung weltweit. Das widerspricht den Klimazielen, zu denen sich die Schweiz verpflichtet hat, diametral.
Hans-Ruedi Moosberger, der Leiter Nachhaltige Finanzen bei der Bankiervereinigung sagt dazu: «Das ist eigentlich nicht überraschend für uns. Die Portfolios, die hier gemessen werden, sind ein Abbild der realen Wirtschaft und der gesamten Kapital- und Finanzmärkte und noch nicht CO2-optimierte Portfolios.»
Es sind noch nicht CO2-optimierte Portfolios.
Moosberger ist aber überzeugt, dass die Banken diese Optimierung nun im eigenen Interesse vorantreiben. Er antwortet für die gesamte Branche, weil das Bafu den Banken Anonymität zugesichert hat.
Klimaschützer: «Greenwashing» geht nicht mehr
Das stört Stephanie Wyss von der Klimastreikbewegung: «Wir hoffen, damit den Handlungsdruck auf einzelne Finanzinstitute erhöhen zu können. Und dass wir aufzeigen können, dass wir ‹Greenwashing› nicht mehr ernst nehmen. So hat mittlerweile jede Bank in ihrem Geschäftsbericht einige Stichworte zu Nachhaltigkeit. Wir wollen jetzt ernsthafte Massnahmen sehen und aufzeigen, dass wir nicht mehr alles glauben.»
Wir wollen jetzt ernsthafte Massnahmen sehen und aufzeigen, dass wir nicht mehr alles glauben.
Tatsächlich fordern auch Politiker aus unterschiedlichen Parteien heute in einem offenen Brief die Banken auf, transparent zu machen, wo sie stehen in Sachen Klimafreundlichkeit. Ob Banken darauf eingehen ist offen. Klar ist: Im Jahr 2022 – beim nächsten Klimaverträglichkeitstest wird sich zeigen, ob den Ankündigungen auch Taten folgen.