Mit der zweiten Welle der Corona-Pandemie werden zahlreiche Unternehmen in der Schweiz in Bedrängnis geraten. Auch der Chef der Credit Suisse, Thomas Gottstein, hat bereits vorgesorgt.
Fast eine Milliarde Franken hat die Credit Suisse seit Anfang Jahr schon auf die Seite gelegt. Geld für den Fall, dass schon bald Firmen ihre Kredite nicht mehr zurückzahlen könnten. Damit seien die Rückstellungen für Kreditrisiken enorm viel grösser als in den Jahren vor Corona, sagt Thomas Gottstein im Interview mit Radio SRF: «Der Durchschnitt der letzten zehn Jahre nach neun Monaten beträgt 124 Millionen. Jetzt sind wir bei fast einer Milliarde.»
USA stark betroffen – Zuversicht für Heimmarkt
Kunden der Bank, die in Zahlungsnot geraten, das sei bis heute vor allem in Übersee ein Thema, sagt Gottstein: Am meisten sei dies – zumindest in den ersten sechs Monaten – in den USA der Fall gewesen. Aber auch in den Märkten Asiens und in der internationalen Vermögensverwaltung gebe es Kreditausfälle: «Es ist ein breit gestreutes Phänomen.»
Anders sieht es im Heimmarkt Schweiz aus: Hier hat die Bank zwar rund 60 Prozent all ihrer Kredite ausstehend, aber das Gros der Ausfälle erwartet Gottstein hier nicht: «Im Gegenteil. Die Schweiz ist aus der Kreditperspektive mit Abstand der sicherste Wert unserer vier Divisionen.»
Die Schweiz ist mit Abstand der sicherste Wert unserer vier Divisionen.
Die Schweiz ist also die Stabilitätsinsel im gesamten Geschäft der Bank. Und das, obwohl die Schweiz in Sachen Corona mit ihren Ansteckungszahlen derzeit europaweit fast traurige Spitzenreiterin ist. Wie passt das zusammen?
Eine kleinere oder grössere Konkurswelle sei sicher nicht auszuschliessen, so Gottstein: «Davon müssen wir für 2021 sogar ausgehen.» Trotzdem sei die Schweiz wirtschaftlich sehr gut vorbereitet. Ein Blick auf die BIP-Prognosen zeige, dass die Schweiz in Europa Spitzenreiterin sei.
«Eine Konkurswelle in kleinerer oder grösserer Form ist sicher nicht auszuschliessen. Davon müssen wir für 2021 sogar ausgehen.»
Für den Grossteil steht der Bund gerade
Dass die Schweiz derzeit wirtschaftlich noch besser dasteht als zahlreiche andere Industrieländer, hat viel mit den Hilfen des Bundes zu tun – mit den milliardenschweren Kurzarbeitsentschädigungen und den Covid-Notkrediten.
Für diese Notkredite muss die CS übrigens kaum Geld auf die Seite legen, denn dafür steht ja grossmehrheitlich der Bund gerade. Hingegen muss die CS vor allem Verluste bei all den anderen Firmenkrediten befürchten, die die Bank vor und seit Corona an Unternehmen vergeben hat.
Dividende und Aktienrückkäufe geplant
Gottstein, der seit Februar auf dem Chefsessel der CS sitzt, fühlt sich sicher mit der Milliarde, die er für solche Ausfälle inzwischen zurückgelegt hat. Er fühlt sich sogar so sicher, dass er schon bald Geld an seine Aktionärinnen und Aktionäre verteilen will.
So will er die zweite Hälfte der Dividende für 2019 ausschütten und ab Januar auch wieder Aktien im Wert von bis zu anderthalb Milliarden Franken zurückkaufen. Gottstein ist überzeugt, dass sich die Credit Suisse das leisten kann. Allerdings kann die Pandemie diese Pläne jederzeit durchkreuzen, wenn die Kreditausfälle plötzlich doch viel grösser sind als momentan prognostiziert.