Unter Wirtschaftsfachleuten ist sie ein höchst umstrittenes Modell: die Viertagewoche. Die Elektro Oberland GmbH, ein Zürcher KMU aus Bauma, hat das Experiment trotzdem gewagt – und möchte nicht mehr zurück.
Die Umstellung auf eine Viertagewoche hat René Schmid, Geschäftsführer von Elektro Oberland, spontan umgesetzt: «Ich hatte von einer Firma gelesen, die die Viertagewoche eingeführt hat und dann ging ich mit dem Chef dieser Firma essen.» Zurück in seinem Geschäft habe Schmid seinen Angestellten gesagt: «Leute, nächste Woche haben wir eine Viertagewoche.»
Einsparungen nach Effizienz
Seither arbeiten die Mitarbeitenden an vier Tagen jeweils neun Stunden. Überzeit gibt es aber erst ab 40 Stunden. Da zählt René Schmid auf die Flexibilität seiner Leute: Müsse ein Auftrag abgeschlossen werden, heisse es halt mal «eine halbe Stunde länger arbeiten». Das komme jedoch selten vor und sei noch nie ein Problem gewesen.
Bereut habe den Entschluss seither niemand. Die Firma sei dadurch auch effizienter geworden: «Wir machen es mit weglassen. Wir fahren am fünften Tag nicht nochmals auf die Baustelle, räumen nicht nochmals alles aus dem Auto, so kompensieren wir das», ist Schmid überzeugt.
Das Ende des Erfolgsmodells Schweiz?
Doch das Modell der Viertagewoche hat nicht nur Befürworter: Der Wirtschaftsdachverband Economiesuisse räumt zwar ein, dass eine Arbeitszeitreduktion im Einzelfall für ein Unternehmen Sinn machen könne. Doch man wolle auf keinen Fall eine staatlich verordnete Viertagewoche. Dies wäre «schlecht für die Schweizer Wirtschaft und die Löhne», warnt deren Chefökonom Rudolf Minsch.
Man denke an einen Coiffeur oder eine Busfahrerin, da ist es schwierig, die Produktivität zu steigern in einer kürzeren Arbeitszeit.
Denn bei weitem nicht alle Unternehmen könnten einfach so effizienter werden: «Man denke an einen Coiffeur oder eine Busfahrerin, da ist es schwierig, die Produktivität zu steigern in einer kürzeren Arbeitszeit», so Minsch.
Viertagewoche als Chance
Gegenteiliger Meinung ist Christoph Bader vom Zentrum für Entwicklung und Umwelt der Universität Bern. Die Viertagewoche sei ein wichtiger Schritt hin zu einer nachhaltigeren Wirtschaft.
Unsere Wirtschaft will immer mehr Wachstum und Konsum. Und gleichzeitig sehen wir die negativen Umwelt- und Sozialfolgen.
«Unsere Wirtschaft will immer mehr Wachstum und Konsum. Und gleichzeitig sehen wir die negativen Umwelt- und Sozialfolgen. Da sehen wir die Chance einer Viertagewoche», meint Bader. So müsse beispielsweise weniger oft gependelt werden und die Leute würden sich ökologischer verhalten, wie beispielsweise mehr zuhause kochen. Laut Bader würde dieser Effekt durch Untersuchungen belegt.
Diese theoretischen Diskussionen kümmern Geschäftsführer René Schmid nicht. Unter dem Strich zähle für ihn anderes: «Die Mitarbeitenden sind ausgeruhter, konnten das Hirn durchlüften, dadurch sind sie vermutlich engagierter», sagt Schmid. Und er wolle, dass es seinen Leuten gut gehe – und sie sich in seinem Betrieb und mit seiner Betriebskultur wohlfühlten.