Seit dem 31. August ist klar: Die Credit Suisse wird in der UBS verschwinden. Damit einher geht der Verlust Tausender, möglicherweise Zehntausender Arbeitsplätze. Wut, Angst, Nostalgie – es wären viele Emotionen abzuholen. Dennoch spielt das beispiellose Beben auf dem Schweizer Finanzplatz im Wahlkampf bisher kaum eine Rolle. Keine der Parteien hat sich das Thema zu eigen gemacht.
Viele denken nicht mehr: Wenn es gut ist für die Wirtschaft, ist es auch gut für uns.
Wirtschaftsthemen sind in diesem Jahr generell untervertreten. Michael Hermann, Geschäftsführer des Umfrageinstituts Sotomo, erklärt, was sich verändert hat: «Seit der Bankenkrise, seit dem Swissair-Grounding, seit den hohen Entlöhnungen der Manager und Managerinnen ist es schwieriger geworden. Viele denken nicht mehr einfach sofort: Wenn es gut ist für die Wirtschaft, ist es auch gut für uns.»
Kaufkraft und Krankenkassenprämien
Vania Alleva, Präsidentin der Gewerkschaft Unia, bemängelt die fehlenden Wirtschaftsthemen. «Wir merken, dass bürgerliche und rechte Parteien lieber auf Sündenböcke hauen und so von der eigentlichen Problemdiskussion ablenken», sagt sie in der Sendung «Eco Talk». «Das ist nicht nur im Wahlkampf so, sondern wir beobachten das vermehrt in den vergangenen Jahren.»
Ihrer Ansicht nach müssten die Sorgen der Menschen viel mehr im Zentrum stehen: etwa die sinkende Kaufkraft und die steigenden Krankenkassenprämien. «Wir sind parteiunabhängig», sagt Alleva zwar, und sie machten auch keine Kampagnen. Dennoch mobilisiert der Gewerkschaftsbund am 16. September unter anderem mit SP und den Grünen zu einer sogenannten «Kaufkraft-Demo».
Kampagne der Wirtschaftsverbände
Einig mit der Tatsache, dass Wirtschaftsthemen im aktuellen Wahlkampf untergehen, ist Monika Rühl. Doch auf die Frage, welche Parteien Lösungen bereithalten, verweist sie lieber auf den eigenen Wahlkampf. Sie ist Geschäftsführerin des Wirtschaftsverbands Economiesuisse.
Schon im vergangenen Herbst hat sie eine Kampagne gestartet, gemeinsam mit dem Gewerbeverband, dem Arbeitgeberverband und dem Bauernverband. Monika Rühl erklärt: «Wir wollen die Menschen dafür sensibilisieren, was die Wirtschaft und die Landwirtschaft für jeden und jede in diesem Land leistet. Für die Stabilität, die Altersvorsorge, die Ausbildung.» Ihre Botschaft: Wollten die Menschen das weiterhin haben, müssten sie bürgerlich wählen.
Die politischen Sympathien sind, wenig überraschend, konträr. Aber die grossen Verbände geben Wirtschaftsthemen sechs Wochen vor den Wahlen doch noch eine Bühne.