Eltern, Schulen und Bibliotheken wissen: Für Kinder sind Bücher wichtig. Sie kaufen sie, sie schenken sie, sie lesen sie vor. Dann kommt die Jugend, das Smartphone, und alles ist anders. Nur 32 Prozent der jugendlichen Mädchen und 16 Prozent der Jungen zwischen 12 und 19 Jahren lesen laut der James-Studie der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) mehrmals wöchentlich in einem Buch. Dabei gibt es Möglichkeiten, das Buch wieder aufzuwerten. Etwa diese:
1. Booktok als Boost
Carlsen, der grösste deutsche Kinder- und Jugendbuchverlag, setzt auf die jugendliche Zielgruppe. Schon mit der Harry-Potter-Reihe hat er grosse Erfolge gefeiert. Jetzt nutzt er den «Booktok»-Trend. Die vor allem weibliche Leserschaft ist laut Programmleiterin Lea Cailleau eine lukrative Zielgruppe: «Wir merken, dass sie unglaublich viel kaufen, sich sehr viel austauschen, sich auch leicht beeinflussen lassen und auf Hypes antworten. Wir haben das Gefühl, dass gerade viele neue Leserinnen und Leser entstehen.» Mit einer ganzen Reihe von Büchern will der Verlag die Zielgruppe «Young Adult» erreichen. Die Cover sind bunt. Sogar der Seitenrand, der sogenannte Buchschnitt, ist farbig. Lea Cailleau präsentiert zudem ein Buch mit ausgestanztem Big Ben und ausklappbarem Poster – ein Buch also, das auf Social Media «shareable» ist.
2. Lustvollerer Unterricht
Das Institut für Kinder- und Jugendmedien (SIKJM) arbeitet gegen die Lesemüdigkeit der Teenies an: mit Erzählnächten oder indem Lehrer und Lehrerinnen sensibilisiert werden. Direktorin Alexandra Talman appelliert, dass Lesen nicht nur benotet, sondern kreativ übermittelt werden solle: «Vielleicht lesen sie in einem Escape Room, den man organisiert, oder man zeichnet Comics in der Schule oder verfilmt einen Teil eines Buches.» Sie warnt angesichts der Ergebnisse der Pisa-Studie, nach denen ein Viertel der Jugendlichen nicht mehr imstande ist, einem einfachen, aber längeren Text zu folgen: «Das birgt die Gefahr, dass man später an der Gesellschaft nicht mehr richtig teilhaben kann.» Beispiel Abstimmungsbüchlein: Darin enthalten seien komplexe Texte, die verstanden werden müssten.
3. Das neuartige Buch
Der Schweizer Autor Roger Rhyner versucht die Synthese aus einem klassischen Buch und einem Game in der App. Er glaubt nicht, dass die Jugendlichen noch Bücher von mehreren hundert Seiten lesen würden. Erfolge hat er mit seinen Duftbüchern («Der stinkende Geissbock») und später seinen leuchtenden Büchern gefeiert. Diese zielten noch auf kleine Kinder ab. Jetzt will er es wissen: Im Mai bringt er im Baeschlin-Verlag ein Buch namens «Limati» heraus. Darin liest man jeweils rund zehn Seiten und löst anschliessend ein virtuelles Rätsel. Danach geht die Geschichte wieder weiter. «Ich habe keine Ahnung, ob es funktioniert», sagt er. «Aber wenn man es nicht versucht, weiss man es auch nicht.»
4. Weg mit dem Handy
«Ich müsste vermutlich Instagram auf dem Handy löschen, damit ich Langeweile habe, die ich nicht mit Instagram bekämpfen kann.» Das sagt Julius Albrecht, 16-jähriger Gymnasialschüler aus Zürich. In der SRF-Umfrage am Zürcher Seeufer geben mehrere Jugendliche an, dass das Smartphone sie zu sehr ablenke. Eigentlich würden sie gerne lesen. Und so haben sie auch sehr konkrete Vorstellungen davon, welche Art von Büchern es sein sollten: «Mehr soziale Themen», wünscht sich Jim Körte, 16. Und Jasmina Kaps, 15, meint: «Andere Kulturen finde ich sehr spannend.» Linus Caplaz, 16, hätte gerne mehr Bücher im Stile von «Der Hobbit» oder «Percy Jackson».