Bei der Stiftung für Konsumentenschutz ist Geschäftsführerin Sara Stalder erleichtert, dass das revidierte Versicherungsvertragsgesetz ab dem 1. Januar gilt. «Die Versicherten bekommen endlich die Rechte, die etwas mehr Gleichheit zwischen den zwei Vertragspartnern garantieren. Es sind Rechte, die eigentlich schon längst hätten eingeführt werden sollen.» Besser spät als nie also.
Eine erste wichtige Änderung sei das neue Widerrufsrecht, sagt die Konsumentenschützerin. Damit ist das Recht gemeint, von einem Vertrag zurückzutreten. «Wenn man einen Vertrag abgeschlossen hat, hat man neu 14 Tage Zeit, in denen man es sich nochmals gut überlegen kann, vielleicht eine zweite Meinung einholen kann.»
Drum prüfe, wer sich für 45 Jahre bindet
Heute gibt es dieses Recht bei Versicherungsverträgen nicht. Was vor allem bei jungen Menschen oft zu Problemen führe, sagt Martin Lorenzon, Ombudsmann der Privatversicherungen. Bei ihm landen die Streitfälle zwischen der Kundschaft und Versicherungen. Das neue 14-tägige Widerrufsrecht sei ganz wichtig, sagt auch er.
«Vor allem für junge Erwachsene, die zum Teil vielleicht allzu schnell eine Lebensversicherungspolice abschliessen, mit einer bis zu 45-jährigen Vertragsdauer. Nachher, wenn sie mit ihren Eltern darüber sprechen, merken sie, dass das vielleicht doch nicht so sinnvoll ist.»
Abhilfe schafft das Widerrufsrecht zudem bei falschen Beratungen durch Versicherungsmaklerinnen und -makler, vorausgesetzt, man merkt innerhalb der 14 Tage, dass man schlecht beraten wurde.
Mehr Zeit bis zum Auftreten von Schäden
Eine ähnliche Verbesserung zugunsten Versicherter ist, dass mehrjährige Policen neu nach drei Jahren kündbar sind, auch wenn die Vertragsdauer zehn Jahre oder mehr beträgt. Ausgenommen von dem vorzeitigen Kündigungsrecht sind Lebensversicherungen.
Weiter profitieren Konsumenten und Konsumentinnen davon, dass Schäden nicht mehr nach zwei, sondern erst nach fünf Jahren verjähren. Als Beispiel, bei dem diese Verlängerung der Verjährungsfrist wichtig sein kann, nennt Lorenzon einen Wasserschaden an einem Gebäude. «Es kann vorkommen, dass man ein Leitungsleck hat und den Schaden erst nach Ablauf von zwei Jahren entdeckt – erst, wenn die Verjährung schon eingetreten ist.»
Direkte Meldung von Haftpflichtfällen
Solche Fälle würden damit wohl verhindert. «Nach fünf Jahren sieht man die Schäden in aller Regel.» Versicherungen müssen künftig also bis zu fünf Jahre nach Ablauf einer Police für Schäden aufkommen.
Neu gilt schliesslich auch ein direktes Forderungsrecht bei Haftpflichtversicherungen. Das heisst, wenn einem der Nachbarsjunge beim Fussballspielen eine Scheibe einschlägt, kann man den Schaden direkt bei der Haftpflichtversicherung des Nachbarn geltend machen. Bisher musste das der Nachbar tun.
Versicherungsverband ist zufrieden
Man könne mit der Revision des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) gut leben, sagt Franziska Streich vom Schweizerischen Versicherungsverband. Einerseits, weil mit den Gesetzesänderungen neu der elektronische Geschäftsverkehr erlaubt sei. Das werde den Aufwand der Versicherungen reduzieren, ist sie überzeugt.
Andererseits, weil man weitergehende Forderungen habe verhindern können. «Die umfangreiche Revision ist aus unserer Sicht ein zukunftsfähiger Kompromiss. Der Versicherungsverband hat auch viele dieser Anpassungen gestützt.» Damit gilt für die Revision des Versicherungsvertragsgesetzes: Was lange währt, wird endlich gut.