Man reibt sich die Augen: Die Migros gab in jüngster Zeit vor allem mit einem Abbau zu reden. Das Unternehmen streicht 1500 Stellen und verkauft Fachmärkte und Tochtergesellschaften.
Und nun das: Die Migros kündigt an, innerhalb von fünf Jahren 140 neue Läden zu eröffnen und investiert dafür zwei Milliarden Franken. Bestehende Filialen sollen teilweise renoviert werden. Damit will die Migros näher zu den Kundinnen und Kunden rücken und zusätzlich 200'000 Haushalte erreichen. Woher hat der Detailhändler plötzlich das viele Geld für diese Expansion?
Konsequente Umsetzung der neuen Strategie
Hintergrund ist, dass die Migros die Prioritäten neu gesetzt hat. Geschäfte, die nicht rentieren, werden verkauft. Für Melectronics und SportX wurden bereits Käufer gefunden – weiterhin zum Verkauf stehen das Reiseunternehmen Hotelplan, die Kosmetikfirma Mibelle, die Baumärkte Do it + Garden, sowie das Möbelhaus Micasa. Die Verhandlungen laufen, in den kommenden Monaten werden entsprechende Vereinbarungen erwartet.
Der Verkauf der Fachmärkte und der Tochtergesellschaften bringt Geld und ermöglicht neue Investitionen, insbesondere ins Filialnetz. Darauf will sich die Migros fokussieren – das eigentliche Kerngeschäft, die Supermärkte, die Produkte für den täglichen Gebrauch.
Grösster Umbau seit Jahrzehnten
Die Migros selber spricht vom grössten Umbau seit Jahrzehnten. Dies ist wohl nicht übertrieben. Zwar hat die Migros schon immer die eine oder andere Gesellschaft übernommen und dann wieder verkauft – aber in diesem Umfang wie jetzt ist das schon sehr aussergewöhnlich.
Der Wandel hat zum einen mit dem Wechsel an der Spitze zu tun. Seit rund anderthalb Jahren hat das Unternehmen einen neuen Chef – Mario Irminger hat seinen Vorgänger Fabrice Zumbrunnen abgelöst. Dies führte zu einem Mentalitätswechsel in der Zentrale. Zumbrunnen galt eher als vorsichtig und zurückhaltend, Irminger andererseits als forsch – einer, der aufs Tempo drückt.
Finanzieller Druck
Neben dem Wechsel im Management spielt auch der finanzielle Druck eine Rolle. Im vergangenen Jahr hat die Migros nur noch einen Gewinn von 175 Millionen Franken gemacht – ohne die Migros Bank hätte für die gesamte Migros sogar ein Verlust resultiert. Die Margen sind in den vergangenen Jahren geschrumpft, und deshalb hat die Spitze reagiert.
Die neu geplanten Filialen der Migros sind nun ein Signal, dass die Nummer eins im Schweizer Detailhandel nicht weiter an Marktanteilen verlieren will. Es ist vor allem auch ein Signal an die Konkurrenz. Die Migros ist zwar aufgrund der Umstrukturierung geschwächt – sie will aber den Vorstoss der Konkurrenz stoppen.